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Hemminger, H.: evan/ge/li/kal

Früher hörte man gelegentlich den abfällig gemeinten Satz „Das ist ein Pietist!“; dieser Satz wurde abgelöst durch Sätze wie: „Der (oder die) gehört zu den Evangelikalen!“, „...ist ein Charismatiker“, „...ist ein Pfingstler“. Was aber wurde mit „Pietist“ beziehungsweise was genauer ist heute mit „evangelikal“ und den anderen Begriffen gemeint? Dieses Buch lichtet den Dschungel um „Evangelikalismus kein trennscharfer, konfessionsspezifischer Begriff" (zur ersten Information siehe Evangelikalismus und S. 17), informiert über Geschichte und Anliegen der evangelikalen Bewegung und schätzt sie ein.

Der Verfasser ist der 1948 geborene ehemalige wissenschaftliche Referent der Evang. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin und bis zum Eintritt in den Ruhestand Weltanschauungsbeauftragter der württembergischen Landeskirche. Er ist studierter Biologe und Psychologe (Dr. rer. nat. habil.) und war Sachverständiger der Enquete-Kommission „Sogenannte Sekten und Psychogruppen“ des Deutschen Bundestages.

Im Vorwort (S. 7-9) positioniert er sich als „Fan Martin Luthers“. Hemminger will die häufig missverstandene evangelikale Bewegung besser verstehen. Deshalb führt er S. 11f etwas spielerisch einen fiktiven Wissenschaftler ein, der als Völkerkundler „aus einem fernen Land nach Deutschland reist, um den religiösen Stamm der Evangelikalen zu erforschen.“ (umgestellt) Nach jedem der drei Hauptteile (I Geschichte und Anliegen der Evangelikalen [S. 15-73]; II „Zwischen Martin Luther, den Fundamentalisten und den Schwärmern“ [S. 79-148]; III „Die Evangelikalen, die Kirchen und die Welt“ [S. 155-222]) analysiert, kommentiert und bilanziert der Wissenschaftler (,der natürlich das alter ego des Verfassers ist.).

Der Autor bekennt: „Ich habe ein persönliches Buch geschrieben, die Sachinformationen werden von eigenen Eindrücken und Meinungen begleitet.“ (S. 7) Anders geht es ja auch nicht. Wissenschaftlich gesehen unternimmt Hemminger eine teilnehmende Beobachtung (siehe Teilnehmende_Beobachtung). Auf S. 224 nennt Hemminger sodann sechs Bücher „zum Weiterlesen“; natürlich wäre da noch viel mehr zu nennen, vor allem auch Grundlagenwerke. 72 Anmerkungen (S. 225-234) belegen nicht nur viele Fakten, sondern geben auch weitergehende (Internet-)Hinweise. Das Sach- und Namensregister (S. 235-239) hilft bei gezielter Suche.

Als kleines Manko empfinde ich die unorthodoxe, etwas gaghafte Schreibweise des Titels. Sehr gut gefiel mir, dass Hemminger mit Luther die Kirche als corpus permixtum sieht. „Alle haben Anteil am Glauben und am Unglauben, an dem, was dem Reich Gottes dient, und an dem, was ihm im Wege steht.“ (S. 8) Deshalb mahnt Hemminger am Ende (S. 221f) zum Dialog – mit Recht. (gm)

Hansjörg Hemminger
Evangelikal: Von Gotteskindern und Rechthabern

240 Seiten, Paperback
13,8 x 20,8 cm
ISBN: 978-3-7655-2049-5
EAN: 9783765520495
15,- Euro

Brunnen Verlag

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