Wurden seit ihrem ersten Auftreten „die Pietisten“ pauschal von vielen abgelehnt, beschimpft und bekämpft, so ging / geht es ihren Nachfolgern, „den Evangelikalen“, häufig genauso. Denn beides sind sehr vage (Container-)Begriffe. Als erstes merke man sich: „Die Evangelikalen gibt es nicht.“ (S. 52) Wie gut und eminent hilfreich sind genauere Blicke.
Der Untertitel dieser monumentalen Monographie verspricht viel. Im Vorwort sagt ihr Verfasser: “Ein zentrales Ziel dieses Buches besteht darin, als Gegenpol zu den verbreiteten Verkürzungen gleichermaßen die Einheit und Vielfalt evangelikaler Bewegungen zu betonen“ (S. 11). Was Dietz (Professor für Systematische Theologie an der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg) verspricht, das hält er. Er blickt dazu in die USA, nach Europa (besonders Deutschland und Großbritannien), punktuell in die ganze Welt. Kein Wunder, dass da 440 Anmerkungen zusammenkamen.
Nach Fritz Laubachs „Aufbruch der Evangelikalen“ von 1972 (Dietz übergeht diesen allerdings) und den kleineren und größeren Arbeiten anderer (z.B. von Erich Geldbach; diesen nennt Dietz allerdings in seinem umfänglichen Literaturverzeichnis [fast 17 S.!] nur mit einer sehr speziellen Arbeit, nicht aber mit seinen grundsätzlicheren Veröffentlichungen zum Evangelikalismus) liegt nun endlich ein aktuelles, spannend geschriebenes und leicht lesbares update vor.
Unbedingt höchst positiv zu bewerten ist der in gleichem Maße objektive Blick des Kartographen Dietz, wie auch seine eigene Betroffenheit. So berichtet er S. 45 von seiner Bekehrung, und jeden der vier Teile beschließt er mit einem persönlichen Fazit, inklusive einem passenden Motivwort. Paul Tillich aufgreifend, bezeichnet Dietz sich am Schluss des vierten Teiles als „Grenzgänger“ (S. 454f).
Seine Monograhie – so meine Prognose – wird ein Klassiker werden und ist deshalb Evangelikalen wie Nicht-Evangelikalen unbedingt zu empfehlen. (gm)
Thorsten Dietz Menschen mit Mission Eine Landkarte der evangelikalen Welt
2022 gebunden 496 S. 24,99 €
SCM Holzgerlingren
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