Aufstand in der Katholischen Kirche in Österreich

Offene Rebellion im Klerus der Alpenrepublik: Hunderte österreichische Priester wollen Papst und Bischöfen den Gehorsam verweigern. Erstmals in so großer Zahl verlangen Geistliche zeitgemäße Antworten auf die Kommunion für Geschiedene, Frauen in Kirchenämtern und das Tabu von Priester mit Frauen und Kindern. Ein Erzbischof droht mit Kirchenausschluss als Antwort auf das Menetekel.

Im Klerus der katholischen Kirche Österreichs herrscht offene Rebellion. Ein hoher Geistlicher orakelt gar über eine bevorstehende "Kirchenspaltung", denn erstmals wollen Priester in großer Zahl Papst und Bischöfen ausdrücklich den Gehorsam verweigern.

Die bislang gut 300 Geistliche umfassende "Priesterinitiative" ist der "hinhaltenden" Taktik der Amtskirche müde und fordert Revolutionäres: Laien sollen predigen und Gottesdienste leiten; wiederverheiratete Geschiedene die Kommunion empfangen; Priester, die gegen die Kirchenregel Frau und Kinder haben, sollen als Seelsorger arbeiten; Frauen sollen wichtige Aufgaben übernehmen und zu Priesterinnen geweiht werden.

Christoph Kardinal Schönborn, Wiener Erzbischof und Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz, droht den Rebellen mit dem Kirchenausschluss. Betroffen wären allerdings nicht irgendwelche Obskuranten. Sprecher und Mitglieder sind gewichtige Kleriker wie Helmut Schüller, lange Jahre Generalvikar des Erzbistums Wien und Caritasdirektor, sowie der Dompfarrer des Bistums Gurk in Kärnten. Der Forderungskatalog beschreibt eigentlich nur altbekannte, aber niemals angepackte Grundprobleme der Kirche. ...

Besonders betroffen fühlen sich die etwa 700 Mitglieder der Vereinigung "Priester ohne Amt", Geistliche, die trotz Zölibat Frau und Kinder haben und sich zu diesen bekennen. Ihr Amt müssen sie dann aufgeben. Priester, die Geliebte und Nachwuchs verleugnen, werden gewöhnlich im Amt belassen, wodurch sich nach Kritikermeinung der Papstappell zur Ehrlichkeit ins Groteske wendet.

Nach Ansicht von Initiativen-Gründer Schüller können nur offener Ungehorsam und der gemeinsame Druck von Priestern und Gläubigen die Hierarchie zu Taten nötigen. Obwohl die Probleme seit Jahrzehnten bekannt seien, halte die Amtskirche alle hin. Kardinal Schönborn erklärte, die Kritiker müssten sich "Gedanken über ihren Weg in der Kirche machen", sonst seien Konsequenzen unausweichlich. Anton Zulehner jedoch, Priester und einer der angesehensten Pastoraltheologen Österreichs, glaubt, dass die Kirche diesmal nicht mit Beschwichtigung auskomme. ...

Quelle: Wider die Heuchelei,
SZ vom 25.08.2011
Siehe auch: Aufruf zum Ungehorsam,
DRadio Wissen vom 25.08.2011

Text: "Aufruf zum Ungehorsam"



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