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Orthodoxie - Ökumene

Bei den für die Orthodoxen Kirchen sehr wichtigen Bemühungen um die Einheit der christlichen Kirchen muss man zwischen den Beziehungen zur römisch-katholischen und jenen zu den Kirchen der Reformation unterscheiden. Während der Dialog mit Rom vor allem im eher politischen Bereich des kirchlichen Selbstverständnisses auf Differenzen stößt, sind es gegenüber den reformatorischen Kirchen vor allem theologische Unstimmigkeiten, etwa um das Verständnis der Sakramente.

Gegenüber der Römischen Kirche gibt es auf den ersten Blick viele Gemeinsamkeiten: Orthodoxe und Römisch-katholische haben dieselben apostolischen Glaubensbekenntnisse, dieselben Sakramente und dieselben geweihten Ämter.

Kulturelle und theologische Unterschiede zwischen Ostkirche und Westkirche gab es praktisch von Anfang an, aber ab der Mitte des ersten Jahrtausends führte ein immer geringerer theologischer und kultureller Austausch zu einer getrennten Entwicklung. Die in der katholischen Theologie seit dem Mittelalter eingeführten kirchlichen Lehren, beginnend mit dem Filioque und dem päpstlichen Primat, wurden von der Orthodoxie als einseitige Neuerungen angesehen, die zu einem Bruch der Kommunion führten, als die römisch-katholische Kirche verlangte, dass diese auch in den orthodoxen Kirchen eingeführt wurden. Insbesondere auch die Dogmen des 19. und 20. Jahrhunderts – Unbefleckte Empfängnis, leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel, und Unfehlbarkeit des Papstes gemäß Vatikanum I – haben die Kluft noch vergrößert, wohingegen sich die römische Kirche mit den Beschlüssen des II. Vatikanums der orthodoxen Kirche wieder angenähert hat. Papst Johannes Paul II. hat der katholisch-orthodoxen Ökumene oft Vorrang gegenüber der katholisch-protestantischen eingeräumt und viel zu einer Klimaverbesserung beigetragen, andererseits aber die katholischen Dogmen stets klar verteidigt.

Die zweite große Spaltung war das morgenländische Schisma von 1054, aus dem die römisch-katholische Kirche und die östlich-orthodoxen Kirchen unter dem Ehrenprimat des Patriarchen von Konstantinopel hervorgingen. Unionsversuche, zuletzt 1439 angesichts drohenden Eroberung Konstantinopels durch die Türken, scheiterten vor allem am Widerstand der orthodoxen Gläubigen, für die nach der Eroberung von Konstantinopel im vierten Kreuzzug eine Kirchengemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche nicht mehr vorstellbar war. Die gegenseitigen Verurteilungen als Häretiker gelten heute als aufgehoben. 1964 hoben Papst Paul VI. und der Patriarch von Konstantinopel, Athenagoras, den gegenseitigen Kirchenbann von 1054 auf. 1967 kam es in Jerusalem zur ersten Begegnung eines Papstes und eines Patriarchen nach dem Beginn der Kirchenspaltung. Das Schisma blieb allerdings bestehen.

Am 4. Mai 2001 erklärte Johannes Paul II. gegenüber griechisch-orthodoxen Christen: „Für die vergangenen und gegenwärtigen Anlässe, bei denen Söhne und Töchter der Katholischen Kirche durch Taten oder Unterlassungen gegen ihre orthodoxen Brüder und Schwestern gesündigt haben, möge der Herr uns Vergebung gewähren.“ 2004, zum 800. Jahrestag der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer 1204, erneuerte Papst Johannes Paul II. dieses Schuldbekenntnis.

Erinnerungen an die Plünderung Konstantinopels im Vierten Kreuzzug (1204) und die polnische Herrschaft in Russland sind noch nicht verheilt und werden durch die „uniatische Frage“, das heißt die Existenz von katholischen Ostkirchen, sowie die Errichtung von katholischen Bistümern beziehungsweise Apostolischen Administraturen auf orthodoxem Gebiet immer wieder aufgewühlt. Die Orthodoxen sehen darin eine falsche Ekklesiologie (aus ihrer Sicht kann es in einem Gebiet nur eine christliche Kirche geben), einen Versuch seitens Roms, mehr Macht zu gewinnen, und eine Missachtung ihrer eigenen Kirchen; die katholische Seite fühlt sich umgekehrt den Unierten Kirchen gegenüber zur Loyalität verpflichtet. Auch wenn deren Einrichtung inzwischen auch von einigen katholischen Verhandlungsführern als historischer Fehler gesehen wird, so kann man sie nach katholischer Ansicht trotzdem jetzt nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, oder aus der Kirche ausschließen, oder zur von ihnen nicht gewollten Vereinigung mit den Orthodoxen zwingen.

Hilfreich sind Kontakte auf gleicher Ebene, wie die Begegnungen zwischen dem ökumenischen Patriarchen Athenagoras und Papst Paul VI. in den 1960er Jahren, oder die im Jahre 2004 erfolgte Rückgabe der bei der Plünderung von Konstantinopel geraubten Reliquien von Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomos von Rom nach Konstantinopel.

Unklar bleibt, wie die Differenzen im kirchlichen Selbstverständnis überwunden werden können, sowie viele Streitfragen, wo die Römische Kirche sich auf philosophische Erklärungen theologischer Fragen festgelegt hat, die von den orthodoxen Kirchen abgelehnt werden.

Weiter fortgeschritten ist die Annäherung zwischen den Orthodoxen Kirchen, der Anglikanischen Kommunion und den Altkatholischen Kirchen, sie wurde in den letzten Jahrzehnten allerdings belastet durch die Priesterweihe von Frauen in diesen westlichen Kirchen und andere protestantisierende Tendenzen, während die Orthodoxen an der Tradition der Priesterweihe nur für Männer festhalten.

Die orthodoxen Kirchen gehören mit wenigen Ausnahmen dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) an; in den (relativen) Entspannungsphasen des Kalten Krieges sah man darin eine Möglichkeit zu stärkerem ost-westlichem Austausch auf nichtstaatlicher Ebene, weshalb die sozialistischen Staaten diese Mitgliedschaft befürworteten. In diesem Rahmen besteht die Möglichkeit zum Austausch mit den Kirchen der Reformation und deren Abspaltungen. Die Römische Kirche gehört dem Rat aufgrund ihres Selbstverständnisses nicht an, sondern nimmt eine Beobachterrolle ein. Unterdessen fühlten sich die verhältnismäßig wenigen orthodoxen Kirchen gegenüber den zahlreichen protestantischen Kirchen in diesem Gremium oft an den Rand gedrängt und haben daher nach dem Ende des Kommunismus eine bessere Abstimmung und ein einheitlicheres Auftreten im Rat beschlossen. Nur die georgische Kirche trat aus Protest gegen die massive protestantische Mission in Georgien ganz aus dem Rat aus.

Obwohl sich die orthodoxen Kirchen als einzige Bewahrer der vollständigen apostolischen Lehre betrachten, können sie sich ausdrücklich dazu bekennen, dass die Einheit der weltweiten christlichen Kirche die Vielfalt eigenständiger Kirchen umfasst — was ja gerade den zentralen Konflikt gegenüber dem Dialog mit Rom darstellt. Trotzdem nehmen die orthodoxen Kirchen innerhalb des ÖRK eine Sonderstellung ein, was auch in einem Sonderarbeitsbereich innerhalb des ÖRK Ausdruck findet.

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