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Küng Hans

Hans Küng (r.) mit Boris Palmer und Helmut Schmidt

Hans Küng (* 19. März 1928 in Sursee, Kanton Luzern, Schweiz) ist ein Schweizer Theologe, katholischer Priester und bekannter religionsphilosophischer Autor.

Von 1948 bis 1957 studierte Hans Küng Philosophie und Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und an der Sorbonne zu Paris. Dort gelang ihm, Priester der Diözese Basel seit 1954, eine Aufsehen erregende Promotion mit der frz. Dissertation zum Thema Rechtfertigung. Die Lehre Karl Barths und eine katholische Besinnung. Mit diesem Werk versuchte Küng die Differenzen zwischen Protestanten und Katholiken in der Frage der Rechtfertigung des Sünders aufzulösen bzw. zu überwinden und wurde damit zu einem Vorbereiter der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von kirchenoffizieller Seite im Jahre 1999. Diese allerdings unternimmt letztlich keine Synthese divergierender Auffassungen, sondern beurteilt deren Fortbestehen als nicht mehr kirchentrennend.

Hans Küng war seit 1960 Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät Tübingen an der Eberhard Karls Universität und 1962/63 einer der zur Zeit von Papst Johannes XXIII. berufenen Berater – so genannten Konzilstheologen – des Zweiten Vatikanischen Konzils (und zwar für den Bischof von Rottenburg). Er beeinflusste damals mit seinem Buch Konzil und Wiedervereinigung von 1960 die ökumenische Diskussion. Wegen seines starken Drangs in die Öffentlichkeit rieten ihm Kardinal Ottaviani und Papst Paul VI. 1965 in persönlichen, noch vertrauensvollen Gesprächen, zu mehr Geduld und Zurückhaltung. Auf Anregung von Küng wechselte Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., im Jahr 1966 von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster auf den Lehrstuhl für Katholische Dogmatik in Tübingen. Zwischen den beiden kam es jedoch zum Bruch, als Ratzinger in der Auseinandersetzung mit der 68er-Bewegung konservativere Positionen vertrat, während Küng sich als Kritiker der Päpste profilierte.

Hans Küng ist der erste bekannte Theologe römisch-katholischer Herkunft seit dem Schisma der alt-katholischen Kirche von 1870, der die Unfehlbarkeit des Papstes öffentlich und grundsätzlich in Frage stellt. Unfehlbar handelt der Papst dann, wenn er endgültig entscheidet, dass eine Lehre des Glaubens zur römisch-katholischen Lehre gehört (einzige neuere Anwendungsfälle: 1854 Immaculata, 1950 Assumpta). Insbesondere trat Küng dieser Überzeugung (griech.: Dogma) im Buch Unfehlbar? Eine Anfrage entgegen, welches er 1970 veröffentlichte. Nach langwierigen Konflikten, auch um seinen Bestseller Christ sein, stellte der Vatikan im Dezember 1979 fest, Küng könne nicht mehr als römisch-katholischer Theologe gelten, woraufhin die Deutsche Bischofskonferenz am 18. Dezember ankündigte, Küng werde die kirchliche Lehrerlaubnis (Missio canonica) entzogen. Der Entzug der Lehrerlaubnis erfolgte Anfang 1980. Bis zu seiner Emeritierung 1996 blieb er als Direktor des Instituts für Ökumenische Forschung weiterhin Professor an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und ist weiterhin römisch-katholischer Priester.

Küng ist überdies Initiator und Präsident der Stiftung Weltethos mit Sitz in Tübingen. 1993 hat das Parlament der Weltreligionen eine »Erklärung zum Weltethos« in Chicago verabschiedet, dessen Entwurf unter Federführung von Hans Küng im Institut für ökumenische Forschung der Universität Tübingen entstand. Mit dieser Erklärung haben sich erstmals Vertreter aller Religionen über Prinzipien eines Weltethos verständigt.

Am 24. September 2005 wurde Hans Küng durch Papst Benedikt XVI. in Privataudienz empfangen. Für die Öffentlichkeit kam dieser Besuch unerwartet; Insider erinnerten aber daran, dass beide als junge Professoren an der Universität Tübingen gut, sogar vertrauensvoll zusammengearbeitet hatten.

Werke

Küng setzte sich vor allem mit der Ökumene auseinander, das heißt mit den Beziehungen der christlichen Konfessionen zueinander und später auch mit den Beziehungen der Weltreligionen zueinander. Als Schlussfolgerung seiner Analyse setzt er sich für ein gemeinsames Weltethos ein.

Mit seinen frühen Hauptwerken versuchte er den christlichen Glauben (Christ sein, 1974) und den Gottesglauben allgemein (Existiert Gott?, 1978) den heutigen zweifelnden Zeitgenossen zu erklären – auch, oder vielleicht auch ganz besonders den Agnostikern. Später setzt sich Küng intensiv mit den Weltreligionen auseinander (Christentum und Weltreligionen, 1984) und entwickelt aus dieser Auseinandersetzung das Projekt Weltethos (Projekt Weltethos, 1990).

Zahlreiche Bücher befassen sich mit der historischen Entwicklung des Christentums und der Weltreligionen. Küng stützt sich in seiner Analyse der Geschichte der drei Weltreligionen mit gleichen Wurzeln auf die Paradigmentheorie von Thomas Samuel Kuhn und überträgt so eine naturwissenschaftliche Erkenntnistheorie auf geisteswissenschaftliche Bereiche. So haben für ihn sieben Theologen die Entwicklung des christlichen Abendlands maßgeblich weiterentwickelt: Paulus, Origenes, Augustin, Thomas von Aquin, Martin Luther, Friedrich Schleiermacher und Karl Barth (Große christliche Denker, 1994). Darauf aufbauend entwickelt er die Paradigmentheorie weiter in seinem Hauptwerk Das Christentum – Wesen und Geschichte (1994). Weitere Analysen liegen, unter Mithilfe von Fachautoren, für die beiden Weltreligionen mit gleichen Wurzeln vor: Das Judentum. Wesen und Geschichte (1991) und Der Islam. Geschichte, Gegenwart, Zukunft (2006).

Sein Werk Der Anfang aller Dinge. Naturwissenschaft und Religion (2005) enthält fünf Vorlesungen des Studium generale der Universität Tübingen aus dem Frühjahr 2005. Küng befasst sich darin mit der Frage, wie sich die modernen Naturwissenschaften die Entstehung des Weltalls, der Erde und der Menschheit erklären und wie die Religion (vor allem die christliche Theologie) dieser Herausforderung glaubwürdig begegnen kann.

Unter dem Titel Umstrittene Wahrheit. Erinnerungen (2007) veröffentlichte Küng den zweiten Teil seiner Autobiographie vor, der die Zeit seit 1968 und damit die ihn betreffenden lehramtlichen Beanstandungen betrifft (Bd. 1: 2002).

Küngs Werke wurden fast alle in bis zu 10 Sprachen übersetzt (siehe z. B. die ersten 48 Bücher Küngs und die Übersetzungen bei Häring et al. 1993, 831-46). Er ist einer der populärsten und publizistisch erfolgreichsten Theologen der Gegenwart, der über Frieden und Verständigung vor allem zwischen den Weltreligionen nachdenkt nach dem Grundgedanken: „Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden“.

Theologische Position

Küng ist – falls ihm möglich – stets um Ausgleich zwischen verschiedenen Positionen bemüht, und sein Standpunkt ist daher oft nicht leicht zu fassen. In den 1970er Jahren musste man seine umfangreichen Bücher wie Christ sein und Existiert Gott durcharbeiten, um seine Positionen kennen zu lernen. Manche Leser neigten zu einer eher traditionsnahen Interpretation, andere kritisierten die Küng'schen Ansätze zu einer modernen Christologie als schwer defizitär (etwa Leo Scheffczyk, 1980). Erst Anfang der 1990er Jahre stellte Küng seine Auffassungen zum Christentum mehr auf den Punkt gebracht zusammen in seinem Buch Credo (Credo. Das apostolische Glaubensbekenntnis – Zeitgenossen erklärt, 1992), das mittlerweile unter dem anderen Titel Eine Einführung in den christlichen Glauben erschienen ist.

Küng hat die Gemeinsamkeiten zwischen den christlichen Religionen herausgearbeitet und versucht Differenzen anzunähern, wobei besonders der wichtige Streit um die Rechtfertigung des Menschen vor Gott seit Luther hervorgehoben werden muss (Rechtfertigung. Die Lehre Karl Barths und eine katholische Besinnung, 1957), der bis vor wenigen Jahren ungelöst war. Insgesamt steht Küng einer aus dem Hegelianismus hergeleiteten Konzeption nahe (so auch die unvollendete, später veröffentlichte Habilitationsschrift). Zur Erhaltung des Weltfriedens ist für ihn ein Religionsfrieden Voraussetzung. Deshalb hat er herausgearbeitet, dass die verschiedenen Weltreligionen in den zentralen Grundfragen – wie etwa bei den Zehn Geboten - tatsächlich eine ähnliche Ethik haben. Deshalb entwickelte er das Projekt Weltethos (Projekt Weltethos, 1990), denn nur über die Bewusstmachung gemeinsamer Werte können verschiedene Religionen dauerhaft in Frieden miteinander leben.

Hans Küng billigt dem Christentum einen relativen Vorrang vor anderen Weltanschauungen zu, steht Lehrmeinungen der römisch-katholischen Kirche aber kritisch gegenüber und hinterfragt die Legitimation der in der römisch-katholischen Kirche als gottgegeben geltenden Lehrmeinungen. Er stellt vor allem folgende Lehrmeinungen in Frage:

* die Unfehlbarkeit des Papstes,
* die Unsittlichkeit der künstlichen Empfängnisverhütung,
* die strikte Unerlaubtheit der Abtreibung,
* die Unmöglichkeit der Frauenordination,
* die Ungültigkeit der anglikanischen Weihen,
* das Festhalten an der Zölibatsverpflichtung für Kleriker des lateinischen Ritus der katholischen Kirche.

Hans Küng steht dem komplizierten bundesdeutschen und schweizerischen Staatskirchenrecht positiv gegenüber (vgl. den Konflikt mit Bischof Kurt Koch, Basel, im März 2006), weil er, darin auf protestantischer Linie, den privaten Religionsvollzug im Rahmen politischer Garantien für gut aufgehoben hält. Diese zivilkonfessionelle Konzeption vertritt er auch in dem von ihm unterstützten interreligiösen Dialog, vor allem gegenüber dem Islam.

Links

Aufruf zum Tabubruch

Hans Küng, der Theologe und Kirchenkritiker, ist insbesondere in der aktuellen Krise der katholischen Kirche als Gesprächspartner gefragter den je. Beim Forum der SÜDWEST PRESSE drängten sich die Zuhörer (19.10.2010).

"Es ist schwieriger geworden, katholisch zu sein." Das sagte Hans Küng am Dienstagabend im voll besetzten Stadthaus Ulm. Die Fragen stellten Politikredakteurin Elisabeth Zoll und Chefredakteur Hans-Jörg Wiedenhaus. Der Theologe und Kirchenkritiker stellte der Amtskirche ein schlechtes Zeugnis aus: "In der Kirche sieht es miserabel aus nach den Missbrauchs-Skandalen und deren Vertuschung. Da kann niemand mehr froh sein." Dass die Kirche dadurch an Vertrauen verliert, ist die logische Konsequenz. An der Basis rumort es - aber an der Spitze, im Vatikan, rührt sich nichts, dort werden Probleme totgeschwiegen.

"In Rom herrscht ein totalitäres System", kritisiert Küng. Papst Benedikt "umgibt sich nur mit linientreuen Leuten". Im April hat der 82-jährige Wahl-Tübinger einen Brief an rund 4000 Bischöfe in aller Welt geschrieben und sie zum Widerstand gegen den Papst aufgerufen - aber keiner hat darauf geantwortet. "Alle haben Angst, etwas öffentlich zu sagen." Dabei bräuchte es für Küng dringend ein paar Mutige, die einen Tabubruch wagen: "Wenn sich beispielsweise in einem Land sechs Bischöfe zusammentun würden und 20 Laientheologen ordinieren. Die kann der Papst nicht alle exkommunizieren."

Die Auswege aus der Krise, die Küng sieht, sind längst in Sicht: "Da muss man nur die Gläubigen fragen." Auch er formuliert seine Reform-Forderungen aufs Neue: das Abschaffen des Pflichtzölibats, das Zulassen von Frauen zu kirchlichen Weiheämter, das Definieren einer neuen Sexualmoral in Bezug auf Abtreibung und Empfängnisverhütung sowie das Ziehen von wirklichen Konsequenzen aus dem Missbrauch. "Mit Basta-Politik kommen wir nicht weiter." Der katholische Priester kann gut verstehen, wenn die Leute an der Basis ob der Reformunwilligkeit der Kirchenleitung in Rom frustriert sind - und er gibt ihnen seine Stimme. "Keine Regierung könnte das durchhalten." Küng zeigte sich zwar erfreut von der Ankündigung von Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, dass es ein Zukunftsgespräch geben werde. "Aber dieses Gespräch darf das Handeln nicht wieder verzögern." Darum kündigte Küng als eigenen Beitrag zu diesem Zukunftsgespräch ein neues Buch an, das er bald schreiben wird und in dem er die Argumente und Fakten aus seinem Brief an die Bischöfe vertiefen will. "Denn ich will nicht nur Revolution predigen."

Die katholische Kirche muss sich ändern, daran führt für Küng kein Weg vorbei. Der Priestermangel führt inzwischen dazu, dass viele Pfarreien zu Seelsorgeeinheiten zusammengelegt werden. "Das ist im Grunde eine Liquidation", spitzt der Theologe zu...

Quelle, weitere Informationen, Video und Bildergalerie:
http://www.swp.de/muensingen/lokales/alb_donau/art3997,682136

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Papst Benedikt XVI. Paulus von Tarsus