Laudato si’

Laudato si’

„Gelobt seist du“

Laudato si’ („Gelobt seist du“) ist die zweite Enzyklika von Papst Franziskus. Die auf den 24. Mai 2015 datierte und am 18. Juni 2015 in acht Sprachen veröffentlichte Verlautbarung Über die Sorge für das gemeinsame Haus befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Themenbereich Umwelt- und Klimaschutz und setzt zudem Zeichen im Hinblick auf bestehende soziale Ungerechtigkeiten und auf die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen.

Titel und Anfangsworte der Enzyklika entstammen dem Sonnengesang des Franz von Assisi, der in der römisch-katholischen Kirche und von vielen Christen anderer Konfessionen als Heiliger verehrt wird: Laudato si, mi signore, cun tucte le tue creature („Gelobt seist du, mein Herr, mit all deinen Geschöpfen“). Papst Franziskus erklärt in der Enzyklika, dass er Franziskus zum Papstnamen wählte, weil für ihn der heilige Franziskus „eine Art Leitbild und eine Inspiration“ sei: „Ich glaube, dass Franziskus das Beispiel schlechthin für die Achtsamkeit gegenüber dem Schwachen und für eine froh und authentisch gelebte ganzheitliche Ökologie ist."

In den internationalen Medien wurde die Enzyklika vielfach als Aufruf zu einem weltweiten Umdenken und als Wendemarke in der Kirchengeschichte bezeichnet.

Laudato si' - Text deutsch online:
http://w2.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html

Laudato si' - Download deutsch als PDF:
http://w2.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.pdf


Aufbau und Struktur
Die Enzyklika ist in die Einleitung und sechs Kapitel gegliedert und schließt mit zwei Gebeten.

In einer Einleitung (1-16) wird die Enzyklika in den Kontext vorangegangener päpstlicher Lehrschreiben und anderer Aussagen zur Thematik bis zurück zur Enzyklika Pacem in terris aus dem Jahre 1971 gestellt. Der Papst spricht weiter über seine Motivation, den Text zu verfassen und verweist insbesondere auf Franz von Assisi (10-12). Er betont in einem „Aufruf“ die Dringlichkeit des Problems und lädt mit einem Wort des Dankes an die „weltweite ökologische Bewegung“ „zu einem neuen Dialog ein über die Art und Weise, wie wir die Zukunft unseres Planeten gestalten“ (14). Papst Franziskus würdigt ausdrücklich die Beiträge der Ökumene und hier beispielhaft die Beiträge von Patriarch Bartholomäus, den er wörtlich zitiert: „Dass Menschen die biologische Vielfalt in der göttlichen Schöpfung zerstören; dass Menschen die Unversehrtheit der Erde zerstören, indem sie Klimawandel verursachen, indem sie die Erde von ihren natürlichen Wäldern entblößen oder ihre Feuchtgebiete zerstören; dass Menschen anderen Menschen Schaden zufügen und sie krank machen, indem sie die Gewässer der Erde, ihren Boden und ihre Luft mit giftigen Substanzen verschmutzen – all das sind Sünden.“

Im ersten Kapitel („Was unserem Haus widerfährt“, 17-61) erfolgt eine umfassende Analyse der Problematik: Umweltverschmutzung und Klimawandel mit den Facetten „Verschmutzung, Abfall und Wegwerfkultur“ (20-26), die Wasserfrage (27-31), Der Verlust der biologischen Vielfalt (32-42), Verschlechterung der Lebensqualität und sozialer Niedergang (43-47) Weltweite soziale Ungerechtigkeit (48-52). Der Papst kritisiert in Nr 53-59 „die Schwäche der internationalen politischen Reaktion“ (54), während die Wirtschaftsmächte fortfahren, „das aktuelle weltweite System zu rechtfertigen, in dem eine Spekulation und ein Streben nach finanziellem Ertrag vorherrschen, die dazu neigen, den gesamten Kontext wie auch die Wirkungen auf die Menschenwürde und die Umwelt zu ignorieren.“ (56) Franziskus folgert: „So wird deutlich, dass die Verschlechterung der Umweltbedingungen und die Verschlechterung im menschlichen und ethischen Bereich eng miteinander verbunden sind.“

Das zweite, umfangreichste Kapitel (52-100) trägt die Überschrift „Das Evangelium der Schöpfung“. Es würdigt „die verschiedenen kulturellen Reichtümer der Völker, Kunst und Poesie“ und betont, dass „kein Wissenschaftszweig und keine Form der Weisheit beiseitegelassen werden“ dürfe, um eine Ökologie aufzubauen, „die uns gestattet, all das zu sanieren, was wir zerstört haben“ (63). Dem stellt der Papst in eigenen Abschnitten „die Weisheit der biblischen Erzählungen“, „das Geheimnis des Universums“, „die Botschaft eines jeden Geschöpfes in der Harmonie der gesamten Schöpfung“, „eine universale Gemeinschaft“, „die gemeinsame Bestimmung der Güter“ und den „Blick Jesu“ an die Seite und entfaltet zahlreiche biblische Texte zur Beziehung zwischen Schöpfer und Schöpfung aus der „Überzeugung, dass sämtliche Geschöpfe des Universums, da sie von ein und demselben Vater erschaffen wurden, durch unsichtbare Bande verbunden sind und wir alle miteinander eine Art universale Familie bilden, eine sublime Gemeinschaft, die uns zu einem heiligen, liebevollen und demütigen Respekt bewegt“ (89); Gläubige und Nichtgläubigen seien sich heute einig, „dass die Erde im Wesentlichen ein gemeinsames Erbe ist, dessen Früchte allen zugutekommen müssen. Für die Gläubigen verwandelt sich das in eine Frage der Treue gegenüber dem Schöpfer, denn Gott hat die Welt für alle erschaffen. Folglich muss der gesamte ökologische Ansatz eine soziale Perspektive einbeziehen, welche die Grundrechte derer berücksichtigt, die am meisten übergangen werden.“ (93)

Das dritte Kapitel (101-136) untersucht „die menschliche Wurzel der ökologischen Krise“ und benennt die Technologie in ihrer Ambiguität von Kreativität und Macht (102-105), „die Globalisierung des technokratischen Paradigmas“ (106-114), welches dazu tendiere, auch Wirtschaft und Politik zu beherrschen (109) und wegen seiner Spezialisierung die „große Schwierigkeit, das Ganze in den Blick zu nehmen“, mit sich bringe (110). Der Papst erkennt in der Moderne eine „große anthropozentrische Maßlosigkeit“: „ein prometheischer Traum der Herrschaft über die Welt […], der den Eindruck erweckte, dass die Sorge für die Natur eine Sache der Schwachen sei.“ (116) So sieht er als weiteren Faktor „Krise und Auswirkungen des modernen Anthropozentrismus“ (115-136), nämlich praktischen Relativismus (122-123), die Notwendigkeit, die Arbeit zu schützen (124-129) und die von der Forschung ausgehende biologische Innovation (130-136).

Im vierten Kapitel (137-162) entfaltet Franziskus „eine ganzheitliche Ökologie“, so die Überschrift, und thematisiert Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialökologie (138-143), Kulturökologie (143-146), eine „Ökologie des Alltagslebens“ (147-155), das Prinzip des Gemeinwohls (156-158) und eine generationsübergreifende Gerechtigkeit (159-162).

Das fünfte Kapitel (163-201) enthält „einige Leitlinien für Orientierung und Handlung“. Hier wird ein Umweltdialog in der internationalen Politik (164-175) vorgeschlagen, ein Dialog im Hinblick auf neue nationale und lokale politische Konzepte (176-181) sowie Dialog und Transparenz in den Entscheidungsprozessen (182-188). Franziskus hält es für erforderlich, dass „Politik und Wirtschaft im Dialog für die volle menschliche Entfaltung“ stehen (189-198): „Die Politik darf sich nicht der Wirtschaft unterwerfen, und diese darf sich nicht dem Diktat und dem effizienzorientierten Paradigma der Technokratie unterwerfen. Im Hinblick auf das Gemeinwohl besteht für uns heute die dringende Notwendigkeit, dass Politik und Wirtschaft sich im Dialog entschieden in den Dienst des Lebens stellen, besonders in den des menschlichen Lebens.“ (189) Das Kapitel schließt mit Aussagen zum Dialog zwischen Religionen und Wissenschaften (199-201).

Im sechsten Kapitel (202-245) gibt Papst Franziskus Hinweise zur „ökologischen Erziehung und Spiritualität“ (202-245), d.h. zu einem anderen Lebensstil (203-208) und die „Erziehung zum Bündnis zwischen der Menschheit und der Umwelt“ (209-215). Er ruft auf zur ökologischen Umkehr (216-221) und einem neuen Lebensstil in „Freude und Frieden“ (222-227), geprägt von Kontemplation, Genügsamkeit, Demut und „gelassener Aufmerksamkeit“ sowie „Liebe im zivilen und politischen Bereich“ (228-232). Es folgen Bezüge zu Kernaussagen des christlichen Glaubens: sakramentale Zeichen und Feiertagsruhe (233-237), die Trinität und die Beziehung zwischen den Geschöpfen (238-240). Die Gottesmutter Maria wird als „Königin der ganzen Schöpfung“ gekennzeichnet (241-242). Am Ende steht ein eschatologischer Ausblick „Jenseits der Sonne“ (243-245), die Hoffnung auf ein „neues Jerusalem“, das „gemeinsame Haus des Himmels“.

Nach „dieser langen frohen und zugleich dramatischen Überlegung“ schließt die Enzyklika mit einem Gebet für unsere Erde und einem Christlichen Gebet mit der Schöpfung (246).

EKD: Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt...
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