Soll sich Kirche mehr einmischen?

Die Zeitung TAZ fragte Theologen und Politiker, ob sich die Kirchen mehr in gesellschaftlichen und politischen Fragen einmischen sollen.

Friedrich Wilhelm Graf: Nein, - keine eitle Autoritätsposen
Der evangelische Münchner Theologieprofessor Friedrich Wilhelm Graf lehnte deutlich eine stärkere kirchliche Einmischung ab. Er verweist dabei auf den „klaren geistlichen Auftrag“ der Kirchen und kritisierte Bischöfe und führende Kirchenvertreter. Denn sie schrieben sich gern ein allgemeinpolitisches Mandat zu und nähmen fortwährend zu allem und zu jedem Stellung. Das seien aber „eitle Autoritätsposen“, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen könnten, „dass sie in der demokratischen Öffentlichkeit nur eine Stimme unter vielen anderen sind“. Graf wies darauf hin, dass das geistliche Amt keineswegs politisch klüger und kompetenter mache als andere Rollen in der pluralistischen Gesellschaft. Die Kirchen sollten sich daher auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren: „religiöse Kommunikation zur Sinndeutung der elementaren Krisen endlichen Lebens, verlässliche Riten zur heilsamen Unterbrechung des Alltags, Predigt von einer innerweltlichen Transzendenz des Individuums, die ganz neue Freiheit erschließt.“

Kretschmann: Kirche kann nicht anders, als politisch zu sein
In einem Gastbeitrag vertrat der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) hingegen die Ansicht, dass die Kirche gar nicht anders könne, als politisch zu sein: „Nicht im Sinne einer Partei, sondern als eine von vielen Gemeinschaften in unserer Gesellschaft, die Werte und Solidarität leben sowie Beziehungen und Verbindlichkeit fördern.“ Kretschmann ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Christian Führer: Auch wer sich nicht einmischt, ist „eminent politisch“
Der ehemalige Pfarrer der evangelischen Nicolai-Kirche in Leipzig, Christian Führer, der während der friedlichen Revolution wegen seines Einsatzes für die Montagsdemonstrationen bekannt wurde, schreibt: „Es ist ein zähes Missverständnis, dass man unpolitisch sei, wenn man sich aus allem heraushält.“ Wer sich nicht einmische, keine Stellung beziehe und zu den Zuständen nichts sage, sei „eminent politisch“, weil er „auf das Kräftigste den Status Quo und die gerade herrschenden Verhältnisse“ stütze. Die Aussage Jesu Christi „Ihr seid das Salz der Erde“ bedeute: „Wir sollen uns einmischen, wirken im Sinne Jesu!“ Allerdings dürfe die Kirche nicht parteipolitisch sein, da sie sich dann von anderen als von Jesus bestimmen lassen müsste.

Quelle & weitere Informationen: idea.de & taz.de (April 2013)
http://www.taz.de/Der-Sonntaz-Streit/!115035/
http://www.taz.de/!115267/



450 Jahre Heidelberger Katechismus (1563 - 2013)
Studie Studentengemeinde: Quo vadis?