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Wog ein tot geborenes Baby unter 500 Gramm, war es bisher kein Mensch, sondern mir Klinikmüll. Es wurde dem Standesamt nicht angezeigt und musste nicht einmal bestattet werden. Eine betroffene Familie aus Hessen konnte das nicht ertragen; sie kämpfte mit Erfolg für eine Gesetzesänderung.
Als "Sternenkinder" werden die Kinder bezeichnet, die mit einem Gewicht von weniger (oder mehr) als 500 Gramm vor, während oder nach der Geburt versterben. Der poetischen Wortschöpfung liegt die Idee zugrunde, Kinder zu benennen, die „den Himmel“ (poetisch: die Sterne) „erreicht haben, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken durften.“
Der Begriff Sternenkinder richtet den Fokus auf das Kind selbst (im Gegensatz zu Begriffen wie Fehlgeburt und Totgeburt). Er berücksichtigt die intensive Bindung, die vor allem viele Mütter und Väter bereits zum ungeborenen Kind entwickeln und die deswegen oft intensive und langanhaltende Trauer, die dessen Tod verursacht. Dieser gefühlsmäßigen Bindung widerstrebt die Bezeichnung Fehlgeburt oder Totgeburt für das verstorbene kleine Wesen und die diesen Worten zugrundeliegende Ansichten und Verfahrensweisen. So wurden etwa Fehlgeburten mit dem Klinikmüll entsorgt.
Das hessische Elternpaar Barbara und Mario Martin, das 2007 und 2008 drei Kinder früh verloren hatte, richtete eine Petition an den Bundestag, über eine Änderung der Personenstandsgesetzgebung künftig auch Kinder von weniger als 500 Gramm über den Eintrag in das Personenstandsregister als Personen anzuerkennen und somit auch eine reguläre Bestattung zu ermöglichen. Bis dahin galten Totgeborene mit einem Gewicht von unter 500 Gramm als Fehlgeburten und wurden personenstandrechtlich nicht erfasst. Sie waren somit juristisch überhaupt nicht existent. Die Petition des Paares wurde im Petitionsausschuss unterstützt und befürwortend der Bundesregierung vorgelegt, die 2012 den Gesetzgebungsprozess einleitete. Der Entwurf des Änderungsgesetzes sieht eine Änderung der Personenstandsverordnung dahingehend vor, dass auch ein totes Kind mit weniger als 500 Gramm auf dem zuständigen Standesamt beurkundet werden kann. Bereits 1994 war die Grenze zwischen rechtlicher Existenz und Nichtexistenz eines Kindes auf Initiative der Elterninitiative Regenbogen von 1000 auf 500 Gramm Gewicht abgesenkt worden. Mit einem Gewicht von unter 500 Gramm tot geborene Kinder wurden teilweise mit dem Klinikmüll entsorgt. Eine Berliner Firma verarbeitete diesen Müll, einschließlich der Föten, zu einem im Straßenbau verwendeten Granulat. Teilweise wurden die totgeborenen Kinder auch Pharmaunternehmen zu Forschungszwecken überlassen.
Im Mai 2012 schlugen zwei Minister dem Kabinett vor, auch tot geborenen Kindern mit einem Gewicht von unter 500 Gramm eine „Existenz“ zu geben. Der Deutsche Bundestag hat Anfang Februar 2013 einstimmig beschlossen, das Personenstandsrecht zu ändern. Soweit der Bundesrat zustimmt, können Eltern von tot geborenen Kinder – auch rückwirkend und unabhängig von ihrem Geburtsgewicht – diese standesamtlich eintragen lassen.
Die Neuregelung kann zwar den Schmerz über den Verlust eines Kindes nicht lindern. Aber sie ermöglicht Eltern, wenigstens einen würdigen Abschied von ihrem Kind zu nehmen.
Links & Downloads:
- Leitfaden für Hebammen. Thema “Tod im Kreißsaal” – Eine besondere Geburt würdevoll begleiten (PDF; ca. 5 MB)
- http://www.sternenkinderhimmel.de
Literaturhinwweise:
- Muller/Krzyzan: Frohes Warten - früher Tod
- Hillebrand, P.: Flieg, kleiner Schmetterling