Dichter Oosterhuis im neuen "Gotteslob" verboten

Mehrheit der deutschen Bischöfe knickt ein. Grußwort der IKvu (Initiative Kirche von unten) an Oosterhuis

Der niederländische Dichter Huub Oosterhuis zählt wegen seiner Gebetbücher und Liedtexte zu den beliebtesten geistlichen Dichtern der Gegenwart. Seit den 1960er Jahren sind seine Texte aus Gottesdiensten und der alltäglichen Gemeindearbeit nicht wegzudenken - und dies in ökumenischer Übereinstimmung.

Umso bemerkenswerter ist es, dass gerade seine Liedtexte in dem seit über zehn Jahren erarbeiteten neuen römisch-katholischen Kirchengesangbuch nicht mehr enthalten sein werden: Wie in den Niederlanden sperrt sich auch in der Bundesrepublik eine konservative Minderheit in der Deutschen Bischofskonferenz gegen den Wiederabdruck der beliebten Lieder. Oosterhuis, der vor vielen Jahren den Jesuitenorden verließ, sein Priesteramt aufgab und heiratete, ist es in ihren Augen nicht wert, in einem Gottesdienst zu erklingen.
Dem Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann gelang es in seiner Funktion als Vorsitzender der Kommission "Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch", die Oosterhuis durchaus wohlgesinnte Bischofsmehrheit auszutricksen. Er arrangierte gemeinsam mit dem Kölner Kardinal Joachim Meisner die Vorlage des Entwurfs in Rom - dort wird der "abtrünnige Priester" natürlich durchfallen.

Dr. Uwe-Karsten Plisch, einer der Herausgeber des neuen Gesangbuchs der Evangelischen StudentInnengemeinden (ESG) "Durch Hohes und Tiefes", das bewusst als Ergänzung zum Evangelischen Gesangbuch konzipiert wurde, kommentiert den Vorgang:

"Selbstverständlich ist in unserem Gesangbuch auch Huub Oosterhuis vertreten - es gibt heute nicht viele geistliche Texte auf diesem hohen Niveau. Seine Poesie überzeugt auch in ihrer ökumenischen Offenheit. Aber vielleicht stoßen sich kleingeistige Konservative gerade an dieser spirituellen Weite und Modernität? Ich bin gespannt, ob auch Lieder von Martin Luther und Paul Gerhardt auf dem musikalischen Index stehen."

Im "Gotteslob" von 1975 sind insgesamt 6 Lieder mit Texten von Huub Oosterhuis enthalten: Wer leben will wie Gott auf dieser Erde" (GL 183), "Herr, unser Herr, wie bist du zugegen" (GL 298), "Solang es Menschen gibt auf Erden" (GL 300), "Nahe wollt der Herr uns sein" (GL 617), "Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr" (GL 621), "Sei hier zugegen" (GL 764).

Es ist schwer vorstellbar, dass die Gemeinden in Zukunft auf diese Lieder verzichten werden, denn sie sind fast überall Gemeingut. Sollte es bei der Indizierung der Oosterhuis-Texte bleiben, kann also bereits zum Einführungstermin des neuen "Gotteslob" die erste Ergänzungssammlung gleich mitverteilt werden.

"Das Wiedereinführen von mittelalterlichem und romantischem Liedgut wird kaum zu einer Reintegration von der Kirche fernstehenden und entfremdeten Milieus führen, von missionarischen Impulsen ganz zu schweigen.", so Dr. Plisch.

Bei ihrer Jahresversammlung beschloss die IKvu auf Antrag der "Arbeitsgemeinschaft der Priester- und Solidaritätsgruppen in der Bundesrepublik Deutschland" (AGP) am 17. März 2012 ein Grußwort an Huub Oosterhuis:

Sehr geehrter Herr Oosterhuis,
viele von uns kennen Ihre Bemühungen um eine neue liturgische Sprache seit Jahrzehnten. Sie haben uns begleitet bei Vorbereitungen von Gottesdiensten wie auch auf ganz persönlichen Lebenswegen.

Zunächst in den Niederlanden bekannt geworden als Autor neuer liturgischer Texte, haben Ihre Worte und Lieder auch in Deutschland nicht zuletzt durch hier veranstaltete sogenannte Liedtage Verbreitung gefunden. In das neue Gesangbuch der Evangelischen StudentInnengemeinde in Deutschland "Durch Hohes und Tiefes" wurden einige Ihrer Lieder aufgenommen. Im Protestantismus haben vor allem Ihre Gebetbücher hohe Wertschätzung gefunden.

Auch in das 1975 erschienene Gesangbuch GOTTESLOB, in dem sich erstmals alle deutschsprachigen römisch-katholischen Bistümer auf ein gemeinsames Liedgut verständigten, fanden Ihre Lieder Eingang.

Nun erfahren wir, dass es ausgehend von einigen Bischöfen Ihrer Heimat auch hier in Deutschland Stimmen gibt, die den Wunsch haben, Ihr Liedgut bei der bevorstehenden Neufassung des römisch-katholischen Kirchengesangbuchs zu verbieten oder zumindest zurückzudrängen. Wir vermuten hinter diesen Bemühungen die Absicht, die von Ihnen theologisch ins Gespräch gebrachten Absichten einer Versöhnung mit dem Judentum sowie das Gespräch mit suchenden Menschen zu unterbinden.

Daher möchten die Delegierten der IKvu, die aus über 30 Gruppen, Gemeinden und Netzwerken beider Konfessionen besteht, mit diesem Gruß ihre Solidarität bekunden.

Hannover, den 17. März 2012

Bernd Hans Göhrig
Bundesgeschäftsführer Initiative Kirche von unten (IKvu)



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