Die theologische Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen vom 29. bis 31.
Mai 1934
THESEN
- Jesus Christus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben;
niemand kommt zum Vater denn durch mich. (Joh. 14, 6)
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur Tür hineingeht in den
Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und Räuber.
Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden. (Joh
10,1.9)
Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das
eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu
vertrauen und zu gehorchen haben.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle
ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch
andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes
Offenbarung anerkennen.
- Durch Gott seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur
Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung. (1. Kor
1,30)
Wie Jesus Christus Gottes Zuspruch der Vergebung aller unserer Sünden
ist, so und mit gleichem Ernst ist er auch Gottes kräftiger Anspruch auf
unser ganzes Leben; durch ihn widerfährt uns frohe Befreiung aus den
gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in
denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären,
Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heiligung durch ihn bedürften.
- Laßt uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken
zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, von dem aus der ganze Leib
zusammengefügt ist. (Eph 4, l5. 16)
Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern, in der Jesus
Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig
handelt. Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer
Botschaft wie mit ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die Kirche
der begnadigten Sünder zu bezeugen, daß sie allein sein Eigentum ist,
allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Erwartung seiner
Erscheinung lebt und leben möchte.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer
Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils
herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.
- Jesus Christus spricht: Ihr wißt, daß die Herrscher ihre Völker
niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein
unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener. (Mt
20, 25.26)
Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der
einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde
anvertrauten und befohlenen Dienstes.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und dürfe sich die Kirche
abseits von diesem Dienst besondere, mit Herrschaftsbefugnissen
ausgestattete Führer geben und geben lassen.
- Fürchtet Gott, ehrt den König. (1. Petr 2,17)
Die Schrift sagt uns, daß der Staat nach göttlicher Anordnung die
Aufgabe hat in der noch nicht erlösten Welt, in der auch die Kirche steht,
nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter
Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden zu sorgen. Die
Kirche erkennt in Dank und Ehrfurcht gegen Gott die Wohltat dieser seiner
Anordnung an. Sie erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und
Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten.
Sie vertraut und gehorcht der Kraft des Wortes, durch das Gott alle Dinge trägt.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen
besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens
werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen. Wir verwerfen die
falsche Lehre, als solle und könne sich die Kirche über ihren besonderen
Auftrag hinaus staatliche Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde
aneignen und damit selbst zu einem Organ des Staates werden.
- Jesus Christus spricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt
Ende. (Mt 28,20)
Gottes Wort ist nicht gebunden. (2. Tim 2,9)
Der Auftrag der Kirche, in welchem ihre Freiheit gründet, besteht darin,
an Christi Statt und also im Dienst seines eigenen Wortes und Werkes durch
Predigt und Sakrament die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten
an alles Volk.
Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne die Kirche in menschlicher
Selbstherrlichkeit das Wort und Werk des Herrn in den Dienst irgendwelcher
eigenmächtig gewählter Wünsche, Zwecke und Pläne stellen.
|