Bilgri/Henghuber: Bei aller Liebe

Eugen Drewermann zitiert in seinem dicken Klassiker „Kleriker“ S. 604 einen buddhistischen Mönch: „Die Keuschheitslehre ist ein Wahnsinn, keine kostbare Regel, eine Barbarei.“ Diese Aussage ist durchaus im Sinne Drewermanns und auch des Verfassers dieses hier anzuzeigenden Buches, auch wenn es nicht so radikal formuliert wird. Der Untertitel in Bilgris (siehe https://anselm-bilgri.de/zurperson/) Buch lautet: „Warum die katholische Kirche den Zölibat freigeben muss“, und auf der Umschlagrückseite steht fett gedruckt: „Ein Plädoyer für eine lebendige und moderne Kirche“. Am Ende entfaltet er auf S. 237-245 kurz seine auf dem 2.Vatikanischen Konzil beruhende Vision, die er jedoch nur als „Gedankensplitter für eine Zukunft der Kirche ohne Zölibatspflicht“ sieht.

Im „Vorwort“ (S. 12-21) gibt der Verfasser Informationen zu seinem eigenen (Priester-)Leben und beschreibt als Ausgangspunkt seines Buches zuerst den Priestermangel und auf S. 17 dann die bekannte kirchliche Großwetterlage (Stichworte: Säkularisation und abnehmende Kirchlichkeit). Auf S. 20 taucht zum ersten Mal Bilgris Hauptsatz auf: „Wir müssen den Pflichtzölibat abschaffen.“

Das Buch hat zwei Schwerpunkte: zum einen ist es ein theologischer (mit exegetischen, dogmatischen, kirchengeschichtlichen und praktischen Erörterungen zu [Homo-]Sexualität, Zölibat, Missbrauch) und zum anderen ein praktischer mit Lebensberichten von Männern und Frauen, die wegen ihrer Liebe in Konflikt mit dem Zölibat gerieten. Die Interviews dazu führte der Journalist Gerd Henghuber durch.

Zweifach sei dieses Buch zusammengefasst:
a) Goethe aktualisierte Dtn 17,6 in dem Aphorismus
Durch zweier Zeugen Mund
Wird allerwegs die Wahrheit kund.
Auf zweier Zeugen Mund beruht auch dieses neueste Buch zum Zölibat.

b) Möge es vor allem in der katholischen Amtskirche wahrgenommen werden! (gm)

Anselm Bilgri / Gerd Henghuber
Bei aller Liebe
Warum die katholische Kirche den Zölibat freigeben muss

Piper-Verlag München 2018
gebunden 250 S.
20,-- €

Piper



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