Drei Autorinnen und sechs Autoren bekamen vom Herausgeber (emeritierter Erziehungswissenschaftler und Psychoanalytiker) die direkte, unbequeme Frage gestellt: „Wie hältst du´s mit dem Tod?“ Der Untertitel gibt zwei Richtungen vor, nämlich einmal den Blick ganz auf sich selber, seine eigene Vita zu richten und dann die Reflexionen zum Thema Sterben und Tod. Wie Hierdeis in seiner Einleitung S. 24 gesteht, war es gar nicht so leicht, Kolleginnen und Kollegen zu finden, die beiden Ansprüchen genügten und sich auf dieses Unterfangen einließen. In der Tat: sich wirklich und ehrlich auf das verdrängte Thema Tod einzulassen, das fällt auch den Leuten vom Fach nicht leicht! Diese Feststellung kann, ja muss man nach der Lektüre der zehn Beiträge machen.
Exemplarisch seien zwei vorgestellt: Der analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuth Burchartz etwa stellt im letzten Satz seines Beitrages fest: „In welcher Gestalt auch immer er [sc. der Tod] in der Analyse auftaucht: Er erheischt seinen Platz.“ (S. 221) Inwieweit er als Person davon betroffen ist, das bleibt allerdings unter der Decke. Demgegenüber berichtet Tilman Moser (man erinnert sich an seine „Gottesvergiftung“ [1976]) in seinem teilweise autobiographischen Essay eingangs vom Sterben seiner beiden Eltern, von Suiziden und anderen eigenen Todeserfahrungen. Interessanterweise kommt er am Ende seines Beitrages auch auf Sigmund Freud, den Nestor der Psychoanalyse, zu sprechen, für den unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges und der eigenen Krebserkrankung der Todestrieb „zum zentralen Thema wird“ (S. 51). Aber: „Er war kein Vorbild in der therapeutischen Behandlung des Todesthemas.“ (ebd.) Außerdem tadele I.D. Yalom (2010) zu Recht „die ´Todesvergessenheit´ analytischer Ausbildungen...“ (S. 47). Auch in den allermeisten psychoanalytischen Lexika, , Grundlagen- und Lehrbüchern werde das Thema Tod fast vollständig umgangen (vgl. S. 70f). Deshalb ermahnt er die Kollegen, „die Frage nach den Todes- und Sterbensvorstellungen ihrer Patienten nicht zu vergessen“ (S. 47).
So schaut man als Pfarrer und Theologe zwar den Psychologen und Psychoanalytikern nicht in die Karten, aber man gewinnt durch dieses Buch neue Einsichten in ein menschliches Urthema und einen interessanten Einblick in eine uns nahestehende Zunft, muss sich allerdings auf viele Fachbegriffe und fremde Gedankengänge einstellen. Und man darf nicht erwarten, dass zu Glaube, Bibel, Theologie und Kirche die Brücken schon gebaut wären und genügend Verbindungslinien bereits bestünden. (gm)
Helmwart Hierdeis (Hg.) Wie hältst du's mit dem Tod? Erfahrungen und Reflexionen in der Psychoanalyse
1. Auflage 2014 264 Seiten mit 4 Abb. kartoniert ISBN 978-3-525-40243-6 29,99 €
Vandenhoeck & Ruprecht
|
|
|