Verstirbt jemand, dann bekommt er/sie normalerweise eine Todesanzeige, und je nach Bedeutung findet eine kleinere oder größere Beerdigung statt. Helmut Gollwitzer (1908-1999; siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Gollwitzer) aber war mehr. Deshalb fand er wenige Jahre nach seinem Ableben einen Platz in dem renommierten theologischen Lexikon Religion in Geschichte und Gegenwart (2000). Dort ist unter anderem zu lesen, dass „in seiner Theologie die gesellschaftlichen Umbrüche und Entwicklungen ihren Niederschlag fanden“ (umgestellt).
Man kann die hier anzuzeigende verdienstvolle Bochumer Dissertation (von daher die 956 Anmerkungen) des Sommersemesters 2022 als ausführliche Explikation diesen einen Satzes lesen. Aber natürlich ist sie viel mehr. Das fängt damit an, dass ihr Verfasser Südkoreaner ist – und deshalb viel mehr mit den Problemen einer christlichen sozial-politischen Ethik aufwuchs. Jung studierte außer in Südkorea und Deutschland auch in Australien.
Jung analysiert Gollwitzer unter vier Überschriften: - „Gollwitzers Position zum Ost-West-Konflikt in den frühen 1950er-Jahren“ - „Politisch-ethische Barth-Interpretation in der jungen demokratischen Republik“ - „Neue Impulse in den 1960er Jahren“ - „Linksprotestantische Radikalisierung in den 1970er Berliner Jahren
In der sich daran anschließenden kritischen Würdigung verallgemeinert Jung auf S. 250 eine wichtige und richtige Bemerkung des Sozialethikers Martin Honecker: Gollwitzer „´war außerordentlich wirksam als politischer Kritiker mit prophetischem Anspruch und als programmatischer Vertreter sozialmoralischer Forderungen.´“ Jung diskutiert dann zum Abschluss seiner Arbeit auf den verbleibenden Seiten sehr informativ (hier wie auch in dem gesamten Buch wird viel zitiert) und ausgewogen das prophetische Amt der christlichen Gemeinde. (gm)
Teckin Jung Evangelische Freiheit und Weltverantwortung Eine Rekonstruktion des Zusammenhangs von Glauben und Politik bei Helmut Gollwitzers
kartoniert 299 S. 39,90 €
LIT-Verlag
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