Thöns, M.: Patient ohne Verfügung

Das Jahr 2016 geht so langsam seinem Ende entgegen. Wir wissen genau, wie viele Tage, Stunden, ja Minuten oder Sekunden es noch dauert. Im Gegensatz dazu steht unser Leben. Keiner weiß , wie lange er / sie noch am Leben ist, und niemand weiß, wie die Umstände sind, unter denen jemand aus dem Leben scheiden wird.

In diesem neuen Buch des 1967 geborenen Anästhesisten und niedergelassenen Narkose- und Palliativmediziners Thöns geht es sehr praktisch und sehr medizin-politisch um die medizinischen und menschlichen Umstände des modernen Sterbens.
Mit sehr vielen Fakten und eigener jahrelangen ärztlichen Erfahrung wehrt er sich gegen eine Übertherapie am Lebensende. Gleich in der Einleitung (S. 11-20) berichtet er von einem übertherapierten, an ALS erkrankten alten Mann, der zuhause – man glaubt es kaum! - einen ganzen Tag lang tot an den Geräten hing. Das vorletzte der insgesamt 15 Kapitel trägt den vielsagenden Titel „Das Sterbeverlängerungskartell“. Thöns will und „kann dem skandalösen Geschäft rund um die Übertherapie nicht länger schweigend zusehen.“ (S. 245) In elf Kapiteln prangert er die gängige Praxis ganz konkret an.

Und deshalb äußerte er sich öffentlich mit seiner schriftlichen „Stellungnahme vor dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages“ (Anhang II; S. 271-277) Er sieht vor allem die Ärzteschaft, aber auch uns Patienten in der Pflicht. So gipfelt Thöns sehr sehr empfehlenswertes Buch am Ende darin, sich in wichtigen gesundheitlichen Fragen eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen und auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu erstellen. Als Anhang I ist S. 263-270 sein Vorschlag abgedruckt.

Im Verein mit den Professoren Borasio, Maio und – leider zu wenigen anderen Medizinern – spricht sich Thöns für einen menschenwürdigen Umgang mit Sterben und Tod aus. Auf S. 257 gibt er beispielsweise die folgenden sehr praktischen und sehr sinnvollen Ratschläge: „Seien Sie natürlich im Umgang mit Sterbenden, reden Sie nicht zu viel, sondern hören Sie zu, vermeiden Sie Ratschläge und tratschen Sie nicht. Drängen Sie sich nicht auf, sondern betonen Sie, dass Sie gerne wiederkommen würden, wenn es okay ist.“ (gm)

Matthias Thöns
Patient ohne Verfügung. Das Geschäft mit dem Lebensende

gebunden
313 S., mit 6 Tabellen
22,-- €

Piper-Verlag



(C) Alle Rechte vorbehalten.

Diese Seite drucken