Gesundheit und Krankheit spielen seit jeher für jeden einzelnen Menschen eine (große) Rolle, im öffentlich-politisch-rechtlichen Raum jedoch noch gar nicht so lange. Im großen Kontext von gesund und / oder krank ist die Salutogenese ein sehr junges Kind. Sie wurde von dem amerikanisch-israelischen Soziologen Aaron Antonovsky (1923-1994; siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_Antonovsky) entdeckt. Gesundheit ist demnach kein Zustand, sondern ein Prozess in dem Kontinuum Krankheit-Gesundheit. Das Denken und Handeln in den Kategorien der Salutogenese greift seit den 1980er Jahren immer weiter um sich. In den großen theologischen Lexika (RGG und TRE) schlug sich die Salutogenese jedoch noch nicht nieder.
Mit diesem neuen Buch legen drei bayrische TheologInnen in beziehungsweise um die Kirchliche Hochschule Neuendettelsau herum das erste kirchlich-theologische Salutogenese-Handbuch vor. Ihre Novität „zielt vor allem auf die Arbeitsgesundheit in kirchlichen Berufen“ (S. 6 umgestellt). Allgemein und grundsätzlich fragt man salutogenetisch: „Was fördert und erhält die eigene Gesundheit?“ (S. 553) Das Handbuch richtet sich „vornehmlich an Leitungsverantwortliche im Raum der Kirche und in der theologischen Wissenschaft, will aber auch Betroffenen hilfreiche Informationen für die eigene Urteilsbildung zukommen lassen.“ (ebenda)
Die 33 Beiträge sind den drei großen Feldern Perspektiven (I), Phänomene (II) und Handlungsfelder (III) zugeordnet. Jeder Beitrag endet mit einer speziellen, weiterführenden Literaturliste. Und jeder Beitrag ist erwartungsgemäß mit Anmerkungen versehen; exorbitant viele, nämlich 214 Anmerkungen!, enthält der Beitrag „Menschenbild und Arbeit. Salutogenese aus sozialethischer und ergotherapeutischer Sicht“ (S. 115-137). In allen drei Feldern äußert sich von Heyl, der mit insgesamt vier Beiträgen vertreten ist. Sein wohl wichtigster, weil mehr oder weniger jeden Zeitgenossen betreffend, ist sein Beitrag zum Thema „Stress“. (S. 215-242)
Das größte Plus dieses Handbuches ist die Breite der Beiträge und die Fülle von Informationen, die es bereit stellt. Es schlägt eine Schneise in ein neues Feld, und es ist deshalb im Sinne des Vorwortes (siehe oben) ein Muss. Ein nicht unbedeutendes Plus ist der verhältnismäßige günstige Preis. Drei kleine Minus sehe ich: Erstens fehlen grundsätzliche Informationen zum Entdecker der Salutogenese. Zweitens wird der Eindruck vermittelt, es gäbe die Salutogenese. Gar nicht wird man über die verschiedenen Schulen und Zentren aufgeklärt. Drittens fehlt mir ein übergeordneter kulturanthropologischer Beitrag zur Gesundheit allgemein. (gm)
Andreas von Heyl | Konstanze Kemnitzer | Klaus Raschzok (Hrsg.) Salutogenese im Raum der Kirche Ein Handbuch
2015 576 Seiten | 15,5 x 23 cm Hardcover | Fadenheftung WGS 1542 ISBN 978-3-374-04142-8 38,00 EUR
Evangelische Verlagsanstalt
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