Zimmerling: Martin Luther als Praktischer Theologe

Unter der Leitung Peter Zimmerlings (Praktische Theologie/Leipzig) fanden in den Jahren 2015/16 in Wittenberg zwei Tagungen zum Themenbereich Martin Luther und die Praktische Theologie statt. Deren Erträge sind in diesem Buch gesammelt. Insgesamt 32 Wissenschaftler*innen (sie sind S. 537f gelistet) gaben ihre Beiträge. Vereinzelt war Luther schon öfter für praktisch-theologische Fragen fruchtbar gemacht worden, bisher jedoch meines Wissens noch nie in so umfassender, enzyklopädischer Art und Weise. So mein vorweg formuliertes Gesamturteil. Etwas detaillierter nun die folgenden Informationen und abschließenden fünf Bemerkungen.

Teil I versucht mit zwei Beiträgen das Ganze der Praktischen Theologie ins Auge zu nehmen. Der Hauptherausgeber (Zimmerling) geht S. 29 am Ende seines Beitrages von einer „ungebrochenen Kraft und bleibenden Gültigkeit“ (syntaktisch angepasst) von Luthers Erkenntnissen aus. „Luthers Theologie fordert gerade in ihrer Fremdheit dazu heraus, die eigenen Überlegungen von dieser kontrastiv bereichern zu lassen...“ In weiteren acht Teilen (II-IX) geht es um Gottesdienst und Predigt, „Hymnologie/Musik“, Seelsorge, Gemeindeaufbau, „Katechetik/Religionspädagogik/Bildung“, Pastoraltheologie und zuletzt um die Spiritualität.

Schaut man man auf die Zahl der Beiträge, so fällt auf, dass den drei Themenfeldern Gottesdienst, Predigt und Seelsorge insgesamt 18 Beiträge gewidmet sind, allen anderen dagegen nur 14. Dies entspricht dem Selbstverständnis Luthers. Er war ja ein unermüdlicher Prediger und hinterließ annähernd 3000 seelsorgerliche Briefe.

Vergleicht man die Autor*innen dieses Bandes mit denen des von Leppin/Schneider-Ludorff herausgegebenen „Das Luther-Lexikon“ (2014), so wird man feststellen, dass nur vier in beiden Werken mitwirkten. Dies könnte ein Anzeichen für eine andere, eventuell sogar gegensätzliche Lutherinterpretation sein. Man verstehe jedoch beide Werke als sich ergänzend!

Mit am wichtigsten war mir folgender Satz : „Ich, Martin Luther, will nicht bestimmen, wie es da und dort mit Ordination, Gottesdienst, Leben der Gemeinde und anderem bestellt ist. Wir geben ein Beispiel, setzen ein Exempel, aber statuieren es nicht...“ (S. 534f) Herrlich, diese Freiheit!

Was die Herausgeber nicht leisten wollten / konnten, ist der Versuch, in einer Zusammenschau der Beiträge einige wenige tragende Grundgedanken zu markieren; so bleibt es S. 5f bei einem mageren „Geleitwort“.

Insgesamt wird hier ein Studienbuch im besten Sinne vorgelegt, das die gegenwärtige und zukünftige Praxis der Kirche vor Ort inspirieren kann. (gm)


Peter Zimmerling u.a. (Hg.)
Martin Luther als Praktischer Theologe

gebunden 538 S. 58,-- €


Evang. Verlagsanstalt Leipzig



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