„Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an
mich!“
Johannesevangelium 14,1
Die Jahresrückblicke, die traditionell zum Jahreswechsel ausgestrahlt
werden, machen noch einmal deutlich, was alles an Schönem und
Schrecklichen in diesem Jahr passiert ist. Im Zeitraffer werden einem
Immobilien-, Finanz- und Wirtschaftskrise vor Augen gebracht. Kriege
und Terror bekommen in den Medien Gesichter. Armut in der Dritten Welt
und in unserer Nachbarschaft kommen uns immer näher.
Bedenklicherweise werden Schrecken und Angst instrumentalisiert, damit
Bürgerrechte und Errungenschaften der Demokratie einschränkt. War
man früher Fluggast, so wird man heute als potenzieller Terrorist
behandelt. Das ist schrecklich.
Mit Blick auf das neue Jahr fragt man sich: Wie wird es weitergehen?
Besser? Schlechter? Was wir hinter uns haben, wissen wir. Was wir vor
uns haben, wissen wir nicht, das macht das Herz schwer. In dieser
Situation, dem Übergang von Altem zu Neuem, spricht Jesus zu seinen Jüngern:
. „Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“
Mit diesen Worten verabschiedet sich Jesus von seinen Jüngern. Er weiß,
wie schwer für sie die neue Situation sein wird: Die Jünger müssen
ohne ihn zurechtkommen, sie werden geschockt sein, dass er Leid und
Tod auf sich nehmen wird, sie werden verspottet, verfolgt und manche
von ihnen getötet. Jesus bereitet seine Freunde auf Neues vor.
Wie macht Jesus den Menschen Mut?
Jesus verdrängt nicht die Sorgen und Nöte durch frömmelnde Worte
oder banale Aufforderung wie: „Kopf hoch!“ oder Vertröstungen:
„Das wird schon wieder!“ Jesus weiß, wovon er spricht, er hat
Enttäuschungen erlebt und um seinen verstorbenen Freund Lazarus
geweint. Er hat Schmähungen, Schmerzen, Todesängste durchlitten und
hat einen qualvollen Tod am Kreuz auf sich genommen. Das war mehr als
nur das Herz erschrecken. Was hat ihm da Kraft gegeben? Diese Kraft
und sein Vertrauen gibt er uns weiter: „Glaubt an Gott!“ Dieser
Glaube hat ihn gerade im Leid Gott näher gebracht. Wenn Jesus zu uns
sagt: „Euer Herz erschrecke nicht!“, dann verspricht er uns keine
leidfreie und unbeschwerte Glückseligkeit. Vielmehr verspricht er uns
Seligkeit inmitten unserer ganz realen Nöte, Sorgen und Ängste, - im
Schrecken der Welt.
Glaubens-Erfahrung contra Belehrung
Gegen das Erschrecken helfen keine Berechnungen, Prognosen und
Jahresausblicke. Gegen das Erschrecken hilft nur der Glaube, hilft
allein das Vertrauen. Wir wissen aus Kindertagen, dass bei Angst vor
Blitz und Donner keine Belehrungen und ach so klugen Erklärungen
halfen, - die Nähe von Vater und Mutter waren da viel stärker,
schenkten Mut und Vertrauen.
„Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an
mich!“Dieser Glaube, dieses tiefe Vertrauen in Gott, kommt in diesem
kurzen Satz sogar zweimal vor. Es ist der Glaube an Gott und der
Glaube an den durch Jesu Worte und Taten erfahrbaren Gott.
Dieser Glaube wird uns durch alle Abschiede und durch ein neues Jahr
tragen. Diese Nähe Gottes und die Kraft des Glaubens, dieses
unerschrockene Herz wünsche Ihnen und mir für das neue Jahr. Möge
Sie unerschrocken und mutig Dinge anpacken. „Euer Herz erschrecke
nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!“, - dann mag das neue Jahr
bringen, was es will.
Pfr. Otto W. Ziegelmeier