Andacht Zwerge-Reise 2017, Castello Di
Cortanza
In den letzten Tagen haben wir viel erlebt, haben viel
gesehen, haben Kurs auf viele schöne Ziele genommen und haben uns gefreut, wenn
wir die Ziele erreicht haben. Was aber ist, wenn einem plötzlich ein Ziel
entgegenkommt?
Ich habe euch eine Geschichte mitgebracht, in der es um
Ziele, Kurse, Kursänderungen und um Standpunkte geht. Diese Geschichte handelt
von Funksprüchen, die 1997 zwischen Amerikanern und Spaniern gewechselt wurde.
Das amerikanische Kriegsschiff USS Lincoln war im dichten Nebel unterwegs. In
dieser Nacht sah ein Matrose ein Licht in der Ferne, das näher kam und
kontaktierte sofort seinen Kapitän: „Da ist ein
Licht etwas von uns entfernt, das direkt auf uns zukommt. Was soll ich
tun?“. Der Kapitän befahl, zum Kurswechsel
aufzufordern. Der Funker gab umgehend den Befehl per Funk weiter.
Prompt kam die Antwort: „Hier spricht A-853 zu Ihnen, bitte ändern Sie Ihren Kurs um 15
Grad nach Süden um eine Kollision zu vermeiden ... Sie fahren direkt auf uns zu,
Entfernung 25 nautische Meilen ...“ Nach dem
Akzent offensichtlich ein Spanier.
Der amerikanische Funker konterte sofort: „Wir raten IHNEN, Ihren Kurs um 15 Grad nach Norden zu ändern,
um eine Kollision zu vermeiden!“
Darauf der Spanier:
„Negative Antwort. Wir wiederholen: Ändern SIE Ihren Kurs um 15 Grad nach Süden,
um eine Kollision zu vermeiden! Entfernung 20 nautische Meilen
…“
Da wurde es dem Kapitän zu bunt und er griff zum
Mikrofon: „Hier spricht der Kapitän eines Schiffes
der Marine der Vereinigten Staaten von Amerika zu Ihnen. Wir beharren darauf:
Ändern SIE sofort Ihren Kurs um 15 Grad nach Norden, um eine Kollision zu
vermeiden!“
Der Spanier antwortete ruhig: „Dies sehen wir weder als machbar noch als erforderlich an, wir
empfehlen Ihnen, Ihren Kurs um 15 Grad nach Süden zu ändern, um eine Kollision
zu vermeiden! Entfernung 15 nautische Meilen …“
Der amerikanische Kapitän brüllte nun in das
Mikrophon: „Hier spricht der Kapitän Richard James
Howard, Kommandant des Flugzeugträgers „USS Lincoln“ von der Marine der
Vereinigten Staaten von Amerika, des zweitgrößten Kriegsschiffes der
nordamerikanischen Flotte. Uns geleiten zwei Panzerkreuzer, sechs Zerstörer,
fünf Kreuzschiffe, vier U-Boote und mehrere Schiffe, die uns jederzeit
unterstützen können. Wir sind in Kursrichtung persischer Golf, um dort ein
Militärmanöver vorzubereiten und im Hinblick auf eine Offensive des Irak auch
durchzuführen. Ich rate Ihnen nicht, ich befehle Ihnen, Ihren Kurs um 15 Grad
nach Norden zu ändern!!! Sollten Sie sich nicht daran halten, so sehen wir uns
gezwungen die Schritte einzuleiten, die notwendig sind, um die Sicherheit dieses
Flugzeugträgers und auch dieser militärischen Streitmacht zu garantieren. Bitte
gehorchen Sie unverzüglich und gehen Sie uns aus dem Weg! – wenn Sie nicht
umgehend ihren Kurs ändern, eröffnen wir das Feuer! Dies ist unsere letzte
Warnung! Bestätigen Sie!”
Nach einer kurzen Pause kam langsam, aber bestimmt die
Antwort: “Wir weichen nicht! Wir sind zwei
Personen. Uns geleiten unser Hund, unser Essen und zwei Bier. Wir werden aber
trotzdem unseren Kurs nicht ändern. Wir sind auf dem Festland, im Leuchtturm
A-853. Hier spricht der Leuchtturmwärter …”
Nach diesem Funkspruch des Spaniers war der Funkverkehr
plötzlich beendet, – und die USS Lincoln änderte ihren Kurs.
Ihr schmunzelt, - ja die Geschichte hat einen
überraschenden und heiteren Kern, - und auch einen nachdenklichen. Denn: Wie ist
das mit unserem Kurs im Leben? Wo steuern wir mit Volldampf geradewegs auf einen
Leuchtturm zu? Wie der Kapitän des Kriegsschiffs wollen wir, dass die anderen
oder die Umstände den Kurs ändern. Sind wir manchmal auch wie der Kapitän, der
alles besser weiß, der sich so wichtig vorkommt, dass sich alles nach ihm
richten soll? In der Geschichte haben die Naturgesetze dem Kapitän klargemacht,
wer sich ändern muss: Ein Schiff kann sich bewegen, ein Leuchtturm nicht. Das
ist mal so. Manchmal machen auch uns die Naturgesetze unsere Grenzen klar:
Alter, Krankheit, Tod. Sie sind unausweichlich, auch wenn wir das manchmal
vergessen, verdrängen. Aber sie sind Teil des Lebens. Sie zwingen uns, unser
Leben zu ändern. Doch auch die Vernunft und auch die Liebe können unser Leben
veränder n. Vielleicht täte uns da eine Kurskorrektur gut, - im Umgang mit
unserem Leben. Im Umgang mit unserem Partner. Im Umgang mit unserem Nächsten …
und Fernsten.
Vielleicht kann uns diese Urlaubszeit so etwas sein wie
ein Leuchtturm, der uns zum Umdenken und Nachdenken bringen kann. Mögen wir die
Zeit der Erholung nutzen, um auch mal nachzudenken und unseren Lebenskurs zu
überprüfen und zu überlegen, was wir mit unserem Leben machen. Immer nur volle
Kraft voraus ist gewiss dann nicht richtig, wenn wir auf eine Felsenküste
unseres Lebens zusteuern. Wir brauchen auch Zeiten zum Ausspannen und
Nachdenken. Wir brauchen Zeiten, um uns auszuruhen und einmal etwas ganz anderes
zu machen und sich neu zu orientieren. Es müssen keine 180 Grad sein, eine
komplette Wende sein, - beim Leuchtturm reichten 15 Grad.
Aber woher wissen wir, ob wir Leuchtturm oder
Kriegsschiff sind? Ob wir standhaft bleiben sollen oder uns bewegen müssen? Mir
hilft da ein Gebet, das wohl auf den Theologen Reinhold Niebuhr zurückgeht. Er
soll es während des II. Weltkrieges verfasst haben, in einer Zeit, in der es oft
schwierig war, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich selbst bete es oft und
möchte es daher auch euch zum Schluss mit auf den Weg geben:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen,
die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und
die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
In dankbarer Erinnerung an die
Zwerge,
Klaus, Hossein,
Mama Charlie & Zhenzhen Zhu.