So manch einer wird sich vor, im oder nach dem Urlaub
gefragt haben: Kann oder darf ich meinen Urlaub, mein Leben genießen, wenn so
viel Leid in der Welt ist? Da kann man schon den Mut verlieren, wenn die Gewalt
an so vielen Orten in der Welt zu triumphieren scheint, - Terroranschläge im
fernen Afrika und im nahen Europa, Ausschreitungen und Tote in den beliebten
Erholungsländern Ägypten und Türkei. Finanzprobleme in Griechenland, die vor
allem die Schwachen im Lande treffen. Da gerät der Glaube an das Gute im
Menschen ins Wanken. Und wenn die Mörder, die Christen, Muslime oder Juden
umbringen, sich auch noch auf Gott berufen, dann rüttelt das am Gottvertrauen.
Denn man fragt sich: Wie kann ein lieber Gott solch schlimme Dinge zulassen?
Widerlegt so Schlimmes die Existenz Gottes? Leicht gerät man dann in Versuchung
zu jammern: So schlimm war’s ja noch nie auf Erden! Wie soll ich das nur alles
ertragen?
"Ich danke Gott und freue
mich“ würde darauf der Dichter Matthias Claudius
antworten,- sein Geburtstag ist in diesen Tagen am 15. August; in diesem Jahr
gedenken wir seines 200. Todestages. Claudius erlebte ähnliche und schlimmere
Zeiten: Es herrschte Krieg und Hunger in Europa. Die Schlacht bei Waterloo
tötete und verwundete ca. 47.000 Menschen. Anschließend ordnete der Wiener
Kongress politisch die Welt neu. In Indonesien tötete ein Vulkanausbruch 100.000
Menschen und bringt auf der Nordhalbkugel einen vulkanischen Winter. Die
Dampfmaschine revolutionierte die Produktion und damit die Arbeitsplätze.
Umbruch in allen Bereichen. Und trotzdem – oder gerade deshalb – dichtete
Claudius im „Der Wandsbecker Bote“:
Ich danke Gott, und freue mich
wie’s Kind zur Weihnachtsgabe,
dass ich bin, bin! Und dass ich
dich,
schön menschlich Antlitz! habe. …
Gott gebe mir nur jeden Tag,
Soviel ich darf zum Leben.
Er gibt's dem Sperling auf dem Dach;
Wie sollt ers mir nicht geben!
Mit seiner Frau und elf Kindern lebte er ständig am
Rande der Armut; sein erstes starb bei der Geburt. Und dennoch strahlte er tiefe
Dankbarkeit aus. "Ich danke Gott und freue mich“
Diese Haltung, diese Frömmigkeit, gilt heute als
altmodisch, - ganz zu Unrecht. Einer, der Gott dankt und sich des Lebens freut,
traut Gott mehr zu als sich selbst. Er weiß, dass Gott zu ihm steht und
beschützt,- das ist für ihn so offensichtlich wie jeder Sperling sein Auskommen
findet. So kann er gelassen und dankbar leben. Gerade unsere hektische und
aggressive Welt braucht Menschen, die von dieser Güte Gottes wissen und diese
Dankbarkeit leben und erlebbar machen. Diese Menschen lassen sich das Leid der
Welt nahegehen. Aber sie lassen sich nicht vom Leid lähmen! Das braucht Kraft
und muss jeden Tag neu geübt werden. Daher hat Claudius seinem Gedicht den Titel
geg eben: „Täglich zu singen“
"Ich danke Gott und freue mich" – ja, diesen Satz dürfen, ja sollen wir grade in unruhigen Zeiten
sagen oder singen, - täglich! Denn die Kraft zum Handeln und zum Verändern kommt
nicht aus der Verzagtheit. Sie kommt aus der Freude über das eigene Leben und
das erlebte Miteinander. Wer sich seines eigenen Reichtums bewusst ist, der kann
auch am meisten geben, damit auch andere sagen können: "Ich danke Gott und freue mich"!