Denkt man an Franziskus von Assisi,
dann fällt einem ein, dass er sein Vermögen den Armen
schenkte und er mit den Tieren sprechen konnte. Weniger
bekannt ist hingegen das denkwürdige Gespräch, das im Jahr
1219 Franziskus mit dem ägyptischen Sultan Al-Kamil
Muhammad al-Malik hatte. Diese Begegnung ist nicht nur einer
der ersten belegten Religionsdialoge in der Geschichte des
Christentums, - sie ist zugleich eine äußerst mutige Tat
und eine Kritik an der Kirche und Politik seiner Zeit.
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Franziskus von Assisi war damals dem
Aufruf Papst Innozenz III. gefolgt und schloss sich dem
Kreuzzug zur Rückeroberung Jerusalems an. Doch was er dabei
erlebte, ließ ihn an dem Vorhaben stark zweifeln.
Franziskus versuchte daher, die Kreuzritter von der
geplanten Schlacht am Nildelta abzuhalten und sagte ihnen
sogar die Niederlage voraus, wenn sie nicht auf ihn hören
sollten. Aber man hörte nicht auf ihn, - und verlor die
Schlacht.
In einer Waffenpause ging Franziskus gegen den
Willen seiner Heeresleitung in das Feindesgebiet und wurden dort
prompt festgenommen. Das war ein todesmutiger Schritt, ins Lager des
Feindes zu gehen. Auf seine Bitte hin wurde er zum Sultan gebracht,
denn mit ihm wollte er sprechen. Dieses Gespräch dauerte schließlich
mehrere Tage. Ein Bericht erzählt, dass Franziskus sogar ein
Gottesurteil als Alternative zur Schlacht und zum Krieg angeboten hat
(um das Leben vieler Unschuldiger zu schonen). Doch wie seine
Kreuzritter zuvor, so nahm auch der Sultan seinen Vorschlag nicht an.
Aber das Gespräch hat beide Seiten beeindruckt: Al-Kamil Muhammad
al-Malik stellte Franziskus am Schluss unter seinen persönlichen
Schutz. Franziskus gab seine Erfahrungen in seinen Ordensregeln und in
weiteren Schriften weiter.
Er verbot ihnen darin, „Zank und Streitgespräche
zu führen“ und schrieb ihnen vor, dass sie allen untertan sein
sollten, ohne ihr Christsein zu verleugnen. Franziskus plädiert für
eine demütige Haltung, in der man zuhört, ohne die eigene Identität
zu verleugnen. Der Sultan trat einige Jahre später in einen
intensiven Gedankenaustausch mit Kaiser Friedrich II., - vielleicht
auch eine Folge des Gesprächs mit Franziskus.
Franziskus hatte erlebt, wie der Konflikt
zwischen zwei Glaubenswahrheiten wie dem Christentum und dem Islam
nicht gelöst werden kann, - insbesondere wenn politische Interessen
und Machtfragen damit verbunden sind. Streit und Krieg führen nur zu
Destruktivität, Aggression und Gewalt. Auch wenn dieses erste
Religionsgespräch nicht den Kreuzzug verhinderte, war es doch ein
erster sehr mutiger Schritt und ein Anfang, sich in Respekt zu
begegnen. Dieser Mut, aufeinander zuzugehen und zuzuhören, ist heute
nötiger denn je, - in Syrien, Ägypten, vielen Ländern Afrikas
…
und auch hier in Deutschland wie z.B. Berlin-Hellersdorf. „I have a
dream“.
Pfr. Otto W. Ziegelmeier