Warum die Kirche nicht wie ein Dienstleistungsunternehmen führen? Und wie beispielsweise beim ADAC nue Mitglieder mit Prämien gewinnen?
„Sie lachen also auch darüber“, sagte Pfarrer Helmut Schneider-Leßmann im Interview mit der Frankfurter Rundschau. Er ist seit 1979 Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde von Erftstadt-Lechenich. Eigentlich hatte er zuerst nur provozieren wollten, doch dann habe er sich gefragt, warum solle man die Kirche nicht wie ein Dienstleistungsunternehmen führen, wie beispielsweise den ADAC. Von diesem Automobilclub hat sich der Pfarrer Schneider-Leßmann dann auch seine Idee abgeschaut: „Wenn ein Mitglied der evangelischen Kirche ein neues Mitglied wirbt, soll es eine Werbeprämie bekommen.“ Vorgesehen sind Bobby-Car, Kugelgrill, Wellness-, Restaurant-Gutscheine, Apfelbäumchen etc.
Selbstkritisch fragt er sich: "Aber warum nicht von dem Automobilclub lernen? Schließlich hat der mit seinen ‚gelben Engeln' auch erst einmal eine Anleihe im Religiösen aufgenommen. Und ist damit ziemlich erfolgreich! Auch ich zahle meinen Mitgliedsbeitrag beim Club. Nicht weil ich in allem der unbedingten und umweltschädigenden Mobilität huldige, und auch nicht weil ich überzeugter Automobilist bin. Sondern ich will die Serviceangebote des Clubs nutzen."
Pfarrer Schneider-Leßmann hatte festgestellt, dass die Mitgliederzahlen in seinem Gemeindebreich rückläufig seinen. 5751 Protestanten gab es noch vor rund zehn Jahren, 5195 sind es heute. „Das ist nicht dramatisch, aber das ist ja auch noch nicht alles“, gibt Schneider-Leßmann zu bedenken. „Bis zum Jahr 2018 will die Landeskirche rund zwei Drittel ihrer Ausgaben einsparen. „Das werden wir zu spüren bekommen.“ Daher möchte er etwas machen: "Wir müssen einfach mal ohne Tabus über alle Möglichkeiten nachdenken und auch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es der Kirche zurzeit nicht so gut geht.“
Auch einen Werbeslogan hat er auch schon: „Wir an Ihrer Seite.“ Und dann gibt er dazu Beispiele: „Wir überzeugen mit unseren Leistungen. Wir haben das Wissen, wie man Lebensfeste feiert und wir haben die Räume dafür. Wir bleiben, wenn andere nicht mehr weiterwissen. Wir bieten Aufmerksamkeit in allen Lebenskrisen.“
Es gehe ihm durchaus um Inhalte des Glaubens, und das sei auch ein Gedanke bei der Werbeprämienaktion. „Wenn ich ein Mitglied für die Kirche werben möchte, dann muss ich auch für meinen Glauben, für meine Kirche öffentlich einstehen – etwas, was wir Christen heute immer weniger tun.“ Und deshalb meine er es auch mit der Aktion ernst. Ein Bobby-Car oder ein Kugelgrill für einen Neueintritt. So steigt die Zahl der Kircheneintritte in diesem Jahr langsam. Gab es im Vergleichszeitraum nur zwei bis drei Kircheneintritte, so sind es im Jahr 2014 es bereits sieben. Pfarrer Helmut Schneider-Leßmann möchte die Aktion ein Jahr teste. Man darf gespannt bleiben.
Quelle: fnp.de, spiegel.de (Juni 2014).
Flyer zur Mitgliederwerbung (PDF): http://www.kirche-lechenich.de/images/stories/MitgliederWerben_7.pdf
Weitere Informationen: http://www.kirche-lechenich.de/index.php/mitglieder-werben
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