Troeltsch Ernst

Ernst Troeltsch (* 17. Februar 1865 in Haunstetten; † 1. Februar 1923 in Berlin) war ein deutscher Theologe, Kulturphilosoph und liberaler Politiker.


Leben

Er studierte in Augsburg, Erlangen, Berlin und Göttingen. Ebendort war er 1891 als Privatdozent tätig. 1892 wurde Troeltsch dann ordentlicher Professor für Systematische Theologie in Bonn und 1894 in Heidelberg. Danach folgte 1912 die Ernennung zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. 1914 arbeitete er als ordentlicher Professor für Philosophie in Berlin.

Im Jahr 1917 war er maßgeblich an der Gründung des Volksbundes für Freiheit und Vaterland beteiligt, der ein Gegengewicht zur extremistischen Deutschen Vaterlandspartei bilden sollte. 1919 war er gleichzeitig Mitglied der Preußischen Nationalversammlung (bis 1921) für die DDP und Unterstaatssekretär im Kultusministerium. Begraben wurde Troeltsch auf dem Invalidenfriedhof in Berlin.


Werk

Troeltsch war der Systematiker der Religionsgeschichtlichen Schule. Wichtig sind in diesem Zusammenhang seine Arbeiten zum Absolutheitsanspruch des Christentums (Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte, 1902, ist sein bedeutendstes Werk, unter dem er heute noch bekannt ist), zum Verhältnis von Historismus und Theologie sowie von Staat und Kirche. Seine Sorge galt der Zukunft der entscheidend durch das Christentum geprägten Kultur Europas und der Moderne, von denen er meinte, dass sie aufeinander angewiesen seien. Ihm ging es um die Bewahrung der Substanz des Christentums, die er aber mit der intellektuellen Form der Moderne versöhnen wollte.

Troeltsch vertrat die konsequente methodische Trennung von Exegese und Systematik, die er mit unterschiedlichen Rationalitätsstandards beider Teilgebiete begründete. Er fordert eine religionsgeschichtliche Theologie unter Anerkennung der Konsequenzen der historischen Methoden. Seine umfassenden kulturwissenschaftlichen Fragestellungen erwuchsen aus den Problemen einer modernen historisch-kritischen Theologie. Eine kritische Theologie, die die Denkrevolutionen der Neuzeit ernst nahm, mußte christliche Geltungsansprüche auf neuen Wegen begründen. Daher wollte Troeltsch die christliche Überlieferung ohne jede dogmatische Einschränkung dem kritischen geschichtlichen Blick freigeben. Durch radikale Historisierung wollte er aber auch zugleich ihre bleibende Gegenwartsbedeutung erweisen. Sein Werk ist von der Überzeugung geprägt, dass das Christentum in der europäisch-amerikanischen Kultur einen unverzichtbaren Garanten der Freiheit des einzelnen gegenüber allen freiheitsbedrohenden Tendenzen der Moderne darstelle.

Um die besondere Signatur der Moderne zu erfassen, erforschte Troeltsch die religiösen Triebkräfte in der Entstehung der modernen Kultur. Er fragte nach der Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt - so der Titel eines bekannten Vortrages vor dem deutschen Historikertag 1906 - und leuchtete in seinen Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen die je besonderer Kulturbedeutung der unterschiedlichen christlichen Konfessionen und ihrer Ethiken aus. Sensibilisiert für die Brüche und Widersprüche der modernen Gesellschaft zeichnete er ein Bild der Gegenwart, in dem die Krisenerfahrungen der Jahrhundertwende prägend waren.

Zweckrationale Technik, kapitalistische Ökonomie und Bürokratisierung des Politischen wurden von ihm als Beschränkungen der Freiheit des Einzelnen diagnostiziert. In der Konsequenz seiner historisch-soziologischen Analysen hielt Troeltsch die Prozesse wachsender Pluralisierung zwar für unwiderruflich. Aber er suchte der Mannigfaltigkeit konkurrierender Wertorientierungen nach ethischen Grundüberzeugungen, die dem spannungsvollen Verhältnis von Freiheit des Einzelnen und politischer Ordnung eine neue Gestalt geben sollten. In zahlreichen Studien über den Historismus und seine Probleme wollte er praxisbezogen individualisierende Universalgeschichte und naturrechtliche Geltungsproblematik ethischer Normen miteinander vermitteln und eine moderne Kultursynthese formulieren. Mit dem Konzept einer europäischen Kultursynthese hatte Troeltsch einen maßgeblichen Anteil an der geistigen Begründung der parlamentarischen Demokratie von Weimar. Auch in den politischen Bezügen führt sein Werk ins Zentrum der Auseinandersetzungen um die Kulturbedeutung der historischen Kulturwissenschaften.

Der wissenschaftlichen Pflege des Werkes von Troeltsch widmet sich die Ernst-Troeltsch-Gesellschaft.


Links

Ernst Troeltsch Forschungsstelle an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Systematische Theologie
Ernst-Troeltsch-Gesellschaft e.V.
Ernst Troeltsch - Kritische Gesamt-Ausgabe

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