Morgenstern, M.: Gerhard Kittels Verteidigung
Gerhard Kittel war einer der bekanntesten Neutestamentler des 20.Jahrhunderts. Denn er übernahm 1933 die Herausgabe des elfbändigen Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, das er konzipierte und begründete. Was in seiner Tragweite erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges und nach dem frühen Tod Kittels 1948 bekannt/er wurde, ist dies: Kittel war tief in die unseligen nationalsozialistischen Machenschaften verstrickt. Er trat zum Beispiel bereits am 1. Mai 1933 in die NSDAP ein! Und er gehörte zu den sogenannten Deutschen Christen. In der Universität Tübingen (dort forschte und lehrte Kittel von 1926-1945) war er beim Kreis des sogenannten „wissenschaftlichen“ Antisemitismus.
Im Archiv der Universität Tübingen befindet sich natürlich sehr viel zu diesem bedeutenden Wissenschaftler. In dem hier anzuzeigenden Buch geht es jedoch um nur eine Sache: um Kittels im Gefängnis verfasste Verteidigungsschrift. Vom ersten bis zum letzten Wort schreibt er von sich in der dritten Person! Überliest man einen kleinen, unscheinbaren Satz des Herausgebers in seiner kurzen Einleitung, dann wird man leicht verwirrt.
Morgenstern edierte Kittels Verteidigung vorbildlich, das heißt im besten Sinne kritisch (347 Anmerkungen!). Man liest Kittels eigene Worte (S. 13-152) interessiert und sehr betroffen. Der israelische Philosoph und Religionswissenschaftler Alon Segev übersetzte alles ins Englische. Somit liegt aller Welt zur Kenntnis nun ein einzigartiges Dokument zum Umgang mit eigener Schuld (beziehungsweise der von Kittel behaupteten Unschuld) vor. (gm)
Matthias Morgenstern
Gerhard Kittels ´Verteidigung´
Die Rechtfertigungsschrift eines Tübinger Theologen und ´Judentumsforschers´vom Dezember 1946
gebunden
351 S.
49,-- €
bup