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Papst Benedikt XVI. will nach Informationen der Londoner Zeitung The Times den Reformator Martin Luther (1483-1546) rehabilitieren. Der Papst werde im September erklären, dass Luther, der von Papst Leo X. (1475-1521) im Jahr 1520 exkommuniziert wurde, kein Irrlehrer gewesen sei.
Er habe die Kirche nicht spalten, sondern lediglich von korrupten Praktiken reinigen wollen. Der Bericht in der Online-Ausgabe der Times vom 6. März beruft sich auf Quellen im Vatikan. Danach werde der Papst seine Sicht Luthers im Sommer bei einem jährlichen theologischen Seminar mit rund 40 Theologen, dem sogenannten Ratzinger-Schülerkreis, in der Residenz Castel Gandolfo diskutieren. Times-Korrespondent Richard Owen führt auch den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Walter Kasper, an. Nach dessen Ansicht würde eine Erklärung des Papstes zur Neubewertung Luthers den ökumenischen Dialog zwischen Protestanten und Katholiken befördern. Ferner könnte sie, so die Times, ein Gegengewicht zu Vatikan-Dokumenten bilden, die den evangelischen Kirchen einen gleichberechtigten Status verwehren und sie nur als „kirchliche Gemeinschaften“ betrachten. Dies hat zu schweren Irritationen im Protestantismus geführt. Der Times zufolge tritt Kasper dafür ein, ein positiveres Bild von Luther zu gewinnen: „Wir können viel von Luther lernen, beginnend mit der Bedeutung, die er dem Wort Gottes zumaß.“ Luthers Reformen hätten zwar vor rund 500 Jahren den päpstlichen Zorn erregt, könnten heute aber als vorausschauende Aspekte von Reformen betrachtet werden, die die Kirche im Laufe der Zeit angenommen habe. Luther hatte das Papsttum herausgefordert, indem er in seinen 95 Thesen von 1517 die Ablasspraxis scharf kritisierte und die Bibel als einzige Quelle christlicher Autorität in den Mittelpunkt stellte. Er machte sie durch seine Übersetzung ins Deutsche der breiten Bevölkerung zugänglich.
Lutherischer Catholica-Beauftragter: Interessantes Signal
Der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel), äußerte sich auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea zu dem Times-Bericht. Es wäre seiner Ansicht nach ein Fortschritt, wenn es seitens der römisch-katholischen Kirche zu einer Neubewertung der Theologie Luthers käme. „Vorbehaltlos“ begrüßt Weber es auch, dass sich der Ratzinger-Schülerkreis so intensiv mit dem Reformator befassen wolle. Eine „Rehabilitation“ Luthers sei aber kirchenrechtlich problematisch, weil eine Exkommunikation immer an eine Person gebunden und Luther tot sei. Insgesamt bewertet Weber die Nachricht jedoch als ein „interessantes Signal“. Gerüchte über eine Neubewertung Luthers habe es freilich unter anderem bereits 1996 im Zusammenhang mit dem letzten Deutschlandbesuch von Papst Johannes Paul II. (1920-2005) gegeben.
Quelle: idea.de