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Reinhard Brandt stellt, mit vielen Rückblendungen auf die Geschichte des Ablasses, die gegenwärtige Ablasslehre der katholischen Kirche dar. Dabei berücksichtigt er auch Ansätze zu einer Neuinterpretation des Ablasses, vor allem im Gefolge Karl Rahners.
Der Autor richtet seinen Blick auf fast alle strittigen Themen des ökumenischen Dialogs: Sünde, Buße und Sündenstrafe, Genugtuung, Verdienst und Rechtfertigung, Fegefeuer und Heilsgewissheit, die Kirche als Heilsanstalt und ihre Verfügungsgewalt bei der Zueignung des Heils, Offenbarung und Überlieferung. Bei all diesen Themen stellt der Ablass sozusagen die Probe auf die Tragfähigkeit der ökumenischen Verständigungsversuche dar.
Auch wenn es nicht zu den ökumenischen Erwartungen passt und Meldungen dazu oft zu ungläubigem Staunen führen: Der Ablass ist bis heute ein unverzichtbares und wohl abgesichertes Lehrstück der römisch-katholischen Kirche. Nach offizieller römisch-katholischer Lehre ist der Ablass »der Nachlass zeitlicher Strafe vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt sei; ihn erlangt der entsprechend disponierte Gläubige unter bestimmten festgelegten Voraussetzungen durch die Hilfe der Kirche, die im Dienst an der Erlösung den Schatz der Sühneleistungen Christi und der Heiligen autoritativ verwaltet und zuwendet.«
Dass die Reformation mit der Kritik Luthers am Ablass begann, hat historisch vielfältige Ursachen, erweist sich aber systematisch-theologisch als folgerichtig. Nie galt die Kritik Luthers nur dem Missbrauch des Ablasses in finanzieller Hinsicht, sondern stets auch seinem theologischen Ansatz. Dies zeigt der Autor und schließt mit einem evangelisch-kritischen Plädoyer.
Reinhard Brandt
Lasst ab vom Ablass
Ein evangelisches Plädoyer
1. Auflage 2008
297 Seiten, kartoniert
19,90 € [D]
ISBN 978-3-525-61910-0
Vandenhoeck&Ruprecht
Inhalt
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 10
1. Vorverständigung: was der Ablass sei 16
Heutige kirchenamtliche Bestimmungen 16
Zur Geschichte des Ablasses 18
Der systematische Ort der Ablasses: die Lehren von
der Buße und der Heiligung 22
Ablass und Rechtfertigung 23
2. Zum Ansatz einer evangelischen Kritik 29
Hauptteil I
Der Ablass im Gottesverhältnis des Menschen
3. Das im Ablass vorausgesetzte Verständnis von der Sünde 37
Der Bezug auf die Tatsünden bei der Gewinnung von
Ablass 38
Tatsünden und Grundsünde – eine evangelische
Perspektive 43
Das Sündersein des Gerechtfertigten im jüngeren ökumenischen Dialog 47
Die Disposition zur Gewinnung eines vollkommenen Ablasses 51
4. Die zeitlichen Sündenstrafen vor Gott 55
Kanonische Bußauflage und „der göttlichen
Gerechtigkeit geschuldete Strafe“ 56
Die konnaturalen Sündenfolgen in der neuen Ablasslehre 66
Die zeitlichen Sündenstrafen in den jüngeren kirchenamtlichen Dokumenten 68
Ablass „von Schuld und Strafe“, Ablass „zur vollsten Vergebung der Sünde“ 73
Buße und Heiligung nach evangelischem Verständnis –
und die zeitlichen Sündenstrafen 76
5. Genugtuung und Verdienst 87
Genugtuung in der Reformationszeit und im Konzil
von Trient 88
Verdienst und Genugtuung in den jüngeren
ökumenischen Dialogen 92
Verdienst und Genugtuung bis zur neuen Ablasslehre 98
Verdienst und Genugtuung in Indulgentiarum Doctrina 102
Wallfahrt, Fasten und Almosen als Genugtuungswerke? 112
6. Das Purgatorium 119
Das Fegefeuer in der Entwicklung des Ablasswesens 120
Die reformatorische Kritik an der Wirkung des
Ablasses auf das Fegefeuer 125
Die Neuinterpretation der Fegfeuerlehre im
20. Jahrhundert 132
Das Konzil von Trient und die kirchenamtliche Fegfeuerlehre seither 142
7. Heilsgewissheit 147
Die Entwicklung des Ablasses als Versuch zur
Gewinnung von Heilsgewissheit 148
Luthers Kritik am Ablass: falsche Sicherheit, keine Heilsgewissheit 153
Die Frage nach der Heilsgewissheit in der
Neuinterpretation des Ablasses durch
Karl Rahner 160
Heilsungewissheit in der kirchenamtlichen Ablasslehre 165
Der jüngere ökumenische Diskurs zur Heilsgewissheit 170
Hauptteil II
Der Ablass im Handeln der Kirche
8. Der „Schatz der Kirche“ 180
Die Entwicklung der Lehre vom „Schatz der Kirche“
in der Scholastik 181
Reformatorische Einwände gegen die Lehre vom
„Schatz der Kirche“ – und das Dekret
Cum postquam 186
Die Neuinterpretation der Lehre vom „Schatz der
Kirche“ in der neuen Ablasslehre 192
Die Lehre vom „Schatz der Kirche“ in Indulgentiarum Doctrina und Incarnationis Mysterium 197
9. Der Modus der Ablassgewährung 206
Die Entwicklung des Ablasses aus der jurisdiktionellen Kommutation und der priesterlichen Fürbitte 208
Die Präzisierungen und Dogmatisierungen der römisch-katholischen Ablasslehre in der
Reformationszeit 217
Der Neuansatz der neuen Ablasslehre: Ablass ist
Fürbitte 223
Die Wirkweise des Ablasses nach Indulgentiarum
Doctrina 230
Die „amtlich-autoritative Fürbitte“ der neuen
Ablasslehre 235
10. Die Vollmacht der Kirche, Ablass zu gewähren 241
„kraft apostolischer Vollmacht“ 241
Luthers Bestreitung der Vollmacht der Kirche 243
Das Konzil von Trient 245
Dogmengeschichte und theologische Begründung des Ablasses in der neuen Ablasslehre 250
Die fortschreitende Offenbarung und die Begründung
des Ablasses in Indulgentiarum Doctrina 255
„ubi et quando visum est Deo“ versus „charisma
veritatis certum“ 260
Die Frage der Begründung theologischer Aussagen als Desiderat im ökumenischen Dialog 268
Ein Plädoyer: Lasst ab vom Ablass 273
Verzeichnisse 282
Abkürzungsverzeichnis 282
Verzeichnis der Quellen 282
Literaturverzeichnis 287
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