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Genau so „wie ein Pfarrer über alles predigen darf, aber nicht über 20 Minuten“, so dürfe ein Autor „über alles schreiben, aber nicht über 400 Seiten.“ So der promovierte Theologe Kubitza (er ist auch Inhaber des Tectum-Verlages) am Ende seines Vorwortes auf S. 15. Daran hält er sich. Ungefähr 360 Textseiten umfasst sein Buch; dazu kommen etwas über zwei Seiten Literaturangaben und genau 600 Anmerkungen! Nach „Der Jesuswahn“, das 2011 erschien (vgl. dazu https://www.youtube.com/watch?v=R6C3H9Fx8nM), ist dies sein zweites kirchen-, glaubens-, religionskritisches Buch. Dazu passend: Kubitza ist Mitglied im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung, die nach eigenen Worten „eine Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung“ sein will.
Genau so plakativ und provokativ wie Kubitzas Titel und Untertitel sind seine Kapitelüberschriften. Das Kapitel Christologie etwa hat auch noch den Untersatz: „Die Erfindung des Gottmenschen“. Hier wie bei den anderen dogmatischen Topoi (Prolegomena, Offenbarung, Glaube, Bibel, Gotteslehre, Schöpfungslehre, theologische Anthropologie, Christologie und Soteriologie; die Eschatologie entfällt aus Platzgründen) setzt er sich mit folgenden zehn neueren Dogmatikern und deren Werken auseinander: Hans-Marin Barth, Christopher Frey, Wilfried Härle, Wilfried Joest, Rochus Leonhardt, Heinrich Ott, Horst Georg Pöhlmann, Gunda Schneider-Flume und Wolfgang Trillhaas.
Goethe forderte einmal von den Kritikern: „Man soll erst einmal sagen und zeigen, was ein Autor sich vorgenommen hat, dann überlegen, ob das ´einsichtig´ und ´vernünftig´ war, und erst drittens dann entscheiden, ob er das Intendierte erreicht hat.“ Kubitza ist selber so voller Aversionen gegen alles, was von oben her kam (eine wie auch immer geartete Offenbarung; biblische und dogmatische Tradition) und kommt und außerdem elementar so sehr antikirchlich eingestellt , dass er meines Erachtens selber nicht einmal der ersten Forderung Goethes nachzukommen vermag. Er wiederholt dermaßen viele Vorurteile beziehungsweise dogmengeschichtliche Kalauer (zum Beispiel stimmt er auf S. 100 Adolf von Harnacks Abwertung des AT zu), dass es schwer sein dürfte, ihm nicht auf derselben Ebene zu entgegnen. Dies heißt nicht, dass er nicht manche dogmatischen Probleme als solche zu Recht auf den Tisch legt. Wie aber sollen ihn die angeklagten Dogmatiker Ernst nehmen, wenn er sie S. 22f entweder des Opportunismus anklagt oder wegen ihrer persönlichen Gläubigkeit die Wissenschaftlichkeit ihrer theologischen Aussagen als „verwässert“ abqualifiziert?
So liest man dieses Pamphlet als
1. Negativfolie eigener, hoffentlich besser begründeter Positionen; darin sehe ich einen gewissen Nutzen dieses Buches.
2. Materialsammlung für die eigene Argumentation - wenn man sich ähnlich positioniert weiß wie Kubitza und „Munition“ braucht. (gm)
Heinz-Werner Kubitza
Der Dogmenwahn
Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft
ISBN 978-3-8288-3500-9
400 Seiten, Hardcover
19,95 €
Tectum Verlag
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