Den Verfolgern in Syrien entronnen, das Massaker in
Nigeria überstanden, dem Krebstod von der Schippe gesprungen, – wie überstehen
und leben damit Menschen? Selbst „Normal-Probleme“ wie Verlust des
Arbeitsplatzes, des Ehe-Partners oder Krankheiten können einen fast verzweifeln
lassen. Und manche verzweifeln, - und manche gehen damit ganz erstaunlich
kraftvoll um. Manchen hilft ein Blick in die Bibel, manchen in den Himmel. Wie
dem Menschen, dem Andre Heller begegnet ist, der das Konzentrationslager
überlebt hat. In der Geschichte „Der Mann neben mir“ berichtet Heller, wie er
einem alten Mann begegnete. Ein Jude, der 1946 nach Israel übergesiedelt war. Er
tritt neben ihn auf den Balkon und blickt über Jerusalem. Über der Stadt tobt
ein gewaltiges Gewitter. Blitze zucken, Donner krachen. Die Luft ist voller
Elektrizität. Da erzählt der Mann:
„Im Konzentrationslager war alles mein Trost, worüber
die Nazis keine Macht hatten. Die Wolken, das Wetter, die Jahreszeiten, der
Wechsel von Tag und Nacht. Die Wälder konnten sie abholzen, die Vögel im Flug
töten, die Bäche umleiten oder ihr Wasser vergiften. Selbst Berge konnten sie
sprengen. Aber der Mond, die Sonne, die Milchstraße, die Lichtschlangen und
Trommelwirbel des Gewitters entzogen sich ihrem Zugriff.“
„Dorthin“, erzählt der alte Mann, „in die verbrecherlose
Welt, bin ich in Gedanken übersiedelt. Tausendmal, jede wache Stunde. Das hat
mich wahrscheinlich vor dem Untergehen bewahrt.“
Er sagt das mit rätselhafter Heiterkeit in der Stimme.
„Damals habe ich begriffen, dass es den Himmel wirklich gibt. Der ganz normale
physische Himmel war und ist auch der Metaphysische. Für mich, der um Rettung
flehte, war er das grenzenlose Paradies, die Zuflucht der Mühseligen und
Beladenen zwischen Abend und Morgen und Morgen und Abend.“
Dann greift er in die Innentasche seines Sakkos und
zeigt mir einen Ausweis, den er selbst hergestellt hat. Darauf steht:
„Himmelsbürger“.
Der Mann sagt: „Die der Hölle entronnen sind, gehören
dem Himmel. Israel oder Amerika, Deutschland oder Syrien, das ist ganz und gar
Erde. Ich tu so, als wäre ich geerdet. In Wirklichkeit bin ich gehimmelt. Das
werden Sie vielleicht nicht verstehen. Aber ich bin zu alt und hab zu viel
erlebt, um zu lügen.“
Der Blick nach oben gab dem Mann Kraft. Es tat ihm gut,
Gott zu sehen und Abstand von allen Widrigkeiten zu gewinnen. Das schenkte ihm
Gott- und Selbstvertrauen. Als „Himmelsbürger“ und Kind Gottes dürfen auch wir
uns geborgen und getröstet wissen.
Ein Blick in den Himmel zeigt uns, dass Gott über allem
und zu mir steht, – ich fühle mich gehimmelt.