George u.a.: Tolstoj als theologischer Denker ...
Tolstoj als theologischer Denker und Kirchenkritiker
Man kennt Tolstoj als Romancier, denkt sogleich an „Krieg und Frieden“ und „Anna Karenina“, sowie die eine oder andere kleine Erzählung oder an einen der vielen Aphorismen Tolstojs. Dass er jedoch auch viele genuin theologische, sozial-religiöse und kirchenkritische Schriften verfasste, das dürfte weitaus weniger bekannt sein. Insofern tut dieses neue Werk nachhaltige Dienste.
Nach der informativen Einleitung (S. 11-33; 59 Anm.!!) der Herausgeber werden
im Quellenteil (I) dieses dicken Buches 41 der auf den Seiten 731-734 aufgezählten Schriften abgedruckt; teilweise waren sie vorher gar nicht auf deutsch verfügbar oder sie wurden neu übersetzt.
In Teil II wird Tolstoj von 20 Fachwissenschaftlern (darunter vier Frauen) systematisch und historisch eingeordnet. Zuerst geht es um dogmatische Topoi wie Gott, Jesus Christus, Kirche, Glaube und Vernunft, Religion und anderes, dann um „Tolstojs Auseinandersetzung mit der Philosophie und den religiösen Traditionen“. An erster Stelle steht hierbei Jean-Jaques Rousseau. Schrieb doch Tolstoj in einem Brief: „Rousserau war mein Meister seit dem Alter von 15 Jahren. Rousseau und das Evangelium waren die großen positiven Einflüsse meines Lebens...“ (S. 477) Zum Schluss geht es um die „Rezeption und Wirkung der Theologie Tolstojs“ in der orthodoxen Kirche Russlands wie auch in der russischen Religionsphilosophie, jedoch darüber hinaus auch im Katholizismus, dem Protestantismus, dem Marxismus und dem Denken einzelner Persönlichkeiten, zum Beispiel Gandhi und Rudolf Steiner.
So bekommt man mit diesem inhaltsreichen Band sehr sehr viel in die Hand. Eine Anschaffung, die sich auch langfristig lohnt. (gm)
Martin George, Jens Herlth, Christian Münch, Ulrich Schmid (Hg.)
Tolstoj als theologischer Denker und Kirchenkritiker
Aus dem Russischen übersetzt von Olga Radetzkaja und Dorothea Trottenberg
1. Auflage 2014
773 Seiten gebunden
ISBN 978-3-525-56007-5
79,99 €
Vandenhoeck & Ruprecht