Greiner, U.: Schamverlust
Mit Lady Gaga und ihren schrägen Auftritten beginnt Greiner sein kulturkritisches Opus. Er sieht in der „Literatur ein hervorragendes Archiv, das die Wandlungen der Gefühlskultur sammelt und aufbewahrt.“ (S. 21) Und so ist sein interessantes und überaus lehrreiches Buch durchzogen von einer Unmenge an bekannten und (mehr) unbekannten literarischen Zeugnisse aus Geschichte und Gegenwart. Da hinein verflochten sind ethische Überlegungen vieler anderer (Greiner führt sechs Seiten Literatur auf) – und seine ureigenen. Seine „zentrale These lautet, dass an die Stelle der alten Schuldkultur und der noch älteren Schamkultur eine neue Kultur getreten ist: die Kultur der Peinlichkeit.“ (S. 24)
Peinlichkeiten, Schuld und Scham – (sehr) alte und neue ethische Begriffe und Kategorien? Man darf gespannt sein auf theologische Reaktionen und schon Verlautbartes, etwa K. Huizing: “Shame on you. Scham als Grundbegriff einer protestantiscxhen Ethik“, in: ZEE 57/2013,89-101. Derweil wird man durch Greiners Buch in geschichtliche und gegenwärtige gesellschaftspolitische und kulturelle Diskussionen glänzend eingeführt. Ist der Autor doch ein sehr bekannter und renommierter ZEIT-Journalist und Sachbuchautor. (gm)
Ulrich Greiner
Schamverlust
Vom Wandel der Gefühlskultur
Reinbek bei Hamburg 2014
Hardcover; 349 S.;
ISBN 978-3-498-02524-3
22,95 €
rowohlt