Joas , H.: Warum Kirche?
Ausgangs 1926 erschien das von Martin Dibelius verfasste Buch "Das Jahrhundert der Kirche". Dieses Buch strotzt vor Selbstgewissheit, Sicherheit und Kraft. In „Der verlorene Himmel...“ (2013) zeichnet der Historiker und Soziologe Thomas Großbölting allerdings den großen Bedeutungsverlust der Großkirchen seit 1945 nach. Darum weiß natürlich der Soziologe und Sozialphilosoph Joas. Auf S. 54 berichtet er z.B., dass seit 2000 ungefähr 500 katholische Kirchengebäude umgewidmet und sogar 140 abgerissen wurden.
Obwohl Joas in katholischer Perspektive schreibt (Martin Luther wird nur einmal, Karl Barth gar nicht erwähnt, Karl Rahner jedoch gleich mehrmals), kommt er auf die vielerlei Missbräuche nur auf S. 196 kurz zu sprechen. Das finde ich schade.
Joas´ Hauptverdienst sehe ich darin, dass er entschieden für eine Neubewertung der Säkularisierungsthese eintritt, sprich: Es geht Joas um die Unterscheidung dreier Begriffspaare, nämlich „heilig / profan, transzendent / immanent (oder mundan) und religiös / säkular.“ (S. 64) Außerdem sei zu fragen, ob „Entmagisierung, Entsakralisierung, Enttranszendentalisierung und Säkularisierung nicht völlig unterschiedliche Prozese sind.“ (S. 67)
Auch wenn Joas Kirche primär als katholische Kirche denkt, also überhaupt nicht transkonfessionell-ökumenisch, tun Protestanten gut daran, Joas sozial-philosophische Überlegungen mit zu bedenken. Denn man kann sehr viel von ihm lernen, Insbesondere wehrt er sich gegen alle Lebensformen eines entinstitutionalisierten Christentums, z.B. den häufig gehörten Satz „Ich kann auch ohne Kirche Christsein!“
Joas unterlegt seine Überlegungen mit 249 Anmerkuntgen und mit über zehn Seiten eng bedruckter Literaturhinweisen. Für weitere Auflagen seines lehrreichen Buches möge ein Verzeichnis wichtiger Begriffe beigefügt werden. (gm)
Hans Joas
Warum Kirche?
Selbstoptimerung oder Glaubensgemeinschaft
Gebunden mit Schutzumschlag
240 Seiten
ISBN: 978-3-451-39064-7
Bestellnummer: P390641
24,-- €
Herder