Wir haben eine Klassengesellschaft, - auch bei
Flüchtlingen. Da gibt es die „guten“ Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung
fliehen und die „bösen“, die aus „nur“ wirtschaftlichen Gründen ihr Leben
riskieren, um der Armut in der Heimat zu entfliehen. Doch schaut man genauer
hin, so sind diese Wirtschaftsflüchtlinge häufig „Umweltflüchtlinge“. Sie müssen
fliehen, weil ihre natürlichen Lebensgrundlagen immer mehr zerstört werden. So
zerstört die globale Erwärmung Böden und treibt die Wüstenbildung voran, Ernten
fallen aus, Familien haben keine Zukunft mehr, - ganz zu schweigen von den
fehlenden Berufsperspektiven der Jugend.
Will man die Ursachen der Flucht bekämpfen, dann muss
man die Wirtschaft in den armen Ländern uneigennützig fördern und nicht davon
auszugehen, dass die Märkte schon alles regeln werden, - das Ergebnis haben wir
derzeit vor Augen. Der freie Handel hat nicht die Armut bekämpft, sondern
lediglich den Egoismus befeuert. Auch wir mit unseren subventionierten und
billigen Nahrungsmitteln produzieren ein Massenangebot, das heimische Märkte in
Afrika zerstört. Die Folge: Armut der Kleinbauern und Flucht aus Armut, -
Wirtschaftsflüchtlinge. Nicht immer ist die Not hausgemacht, auch wir mit
unserem Verhalten und unserer Politik in Europa tragen zu den wirtschaftlichen
Nöten bei.
Wer also Flucht und Flüchtlinge verhindern will, muss
Konzepte für Wirtschaftsförderung in den benachteiligten Teilen der Erde
entwickeln, um die Ursachen von Not und Elend zu lindern. Dann hat keiner mehr
einen Grund zu fliehen.
Aus wirtschaftlichen Gründen und um ihr Leben vor
Verfolgung und Krieg zu retten, sind derzeit weltweit etwa 60 Millionen auf der
Flucht. So viele wie nie zuvor. Das ist schlimm für die Menschen auf der Flucht
und eine Herausforderung für die, die helfen. Auf der Flucht sind Menschen wie
Sie und ich, - nicht immer die Besten, nicht nur die Schlechtesten, von allen
etwas. Daher wird es auch Anlässe für Ärger und Anlässe für Angst geben. Wie
geht man damit um?
Mir hilft da eine Erfahrung aus der Bibel: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der
Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim
1,7)
Denn Angst ist kein guter Ratgeber. Noch weniger
hilfreich ist es, sich Angst machen zu lassen von denen, die Menschen in Not für
ihre eigenen (Partei)Ziele missbrauchen und auch Europa kaputt
machen.
Gott ist kein Gott der Angst, sondern der klugen
Besonnenheit, dazu gehört auch das Erkennen der eigenen Grenzen. Gewiss kann ich
nicht allen helfen – aber einzelnen. Ich kann auch nicht überall helfen, aber im
Sprachkurs, in der Kleidersammelstelle, bei Behördengängen in meiner Stadt, in
meinem Dorf. Ich kann beim Einkauf darauf achten, wen ich mit meinem Kauf
unterstütze, kann dabei auch mal das Auto stehen lassen und mit dem Radl fahren.
Ich kann lokal handeln und global denken, - um Menschen hier und dort ein
Zuhause zu ermöglichen. Und bei allem, was ich tue, vertraue ich darauf: Gott
ist mittendrin. Das gibt mir Kraft, Liebe, Besonnenheit und
Zuversicht.
In Erinnerung an unsere
Diskussion
23.01.2016, Haderner
Augustiner