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In Zeiten globaler Instabilität und unsicherer Zukunftsprognosen kann ein Rückblick auf vergangene Ereignisse eine wertvolle Orientierungshilfe darstellen. In diesen Tagen jährt sich ein Meilenstein der Nachkriegsgeschichte zum 50. Mal. Am 1. August 1975, drei Monate nach dem Ende des Vietnamkrieges, unterzeichneten 35 Staaten – die USA, Kanada, die Sowjetunion und nahezu alle europäischen Länder – die KSZE-Schlussakte von Helsinki. Sie markierte eine bedeutende Transformation von der durch Machtinteressen getriebenen Interessenpolitik des Kalten Krieges hin zu einer auf Regeln basierenden globalen Ordnung, deren aktuelle Krise vielfach beklagt wird.
Die Staaten des Warschauer Pakts, insbesondere die Sowjetunion, trieben den Prozess voran, um die nach dem Zweiten Weltkrieg gebildeten Grenzen festzuschreiben. Nach einer sorgfältigen Analyse und Bewertung aller Optionen hat sich gezeigt, dass der sogenannte "Korb III" der Vereinbarung mittelfristig die größte Wirkung erzielt. In diesem Abschnitt der Schlussakte wurden die Menschenrechte, die Meinungs-, Bewegungs- und Religionsfreiheit thematisiert.
Unter den ersten, die die Sprengkraft des Textes erkannten, befanden sich zahlreiche Kirchenvertreter. In mehreren osteuropäischen Staaten gründeten sich "Helsinki-Gruppen", die die Umsetzung der verbrieften Freiheiten einforderten. Die bekanntesten Dokumente, die aus dieser Bewegung hervorgegangen sind, sind die »Charta 77« in der Tschechoslowakei und das »Querfurter Papier« mit dem offiziellen Titel »Frieden und Gerechtigkeit heute«. Letzteres wurde in einem ökumenischen Arbeitskreis systemkritischer Theologinnen und Theologen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt verfasst und am 29. April 1977 von evangelischen und katholischen Theologen in Querfurt unterzeichnet.
Die Kirchenleitenden unterzeichneten das Dokument nicht. Es hat dennoch richtungsweisende Wirkung auf die programmatischen Kirchentexte bis hin zur Wendezeit ausgeübt und damit einen wichtigen Beitrag zum Ende des DDR-Regimes geleistet. Der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer führt aus, dass die friedliche Revolution von 1989 ohne die KSZE-Schlussakte möglicherweise einen anderen Verlauf genommen hätte. Dies ist eine ermutigende Erinnerung in Zeiten, in denen die Wirkung von Texten zunehmend in Frage gestellt wird.
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